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72,6 Prozent sprachen sich bei Urabstimmung der Wirtschaftskammer (WK) für Geschäfteöffnung am Sonntag in Tourismuszonen aus. Die Beteiligung lag allerdings nur bei 16 Prozent.
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Wien. Selten war eine Pressekonferenz so kurz wie jene der Wiener Wirtschaftskammer am Dienstag. Präsentiert wurde das Ergebnis der Urabstimmung, das deutlich und wenig überraschend ausfiel. Präsident Walter Ruck konnte sich daher kurz halten - viele Fragen gab es nicht.
72,6 Prozent sprachen sich bei der Abstimmung für die Geschäfteöffnung am Sonntag in Tourismuszonen aus. 80,9 Prozent votierten für eine ganzjährige Schanigartenlösung und 60,1 Prozent stimmten für die Senkung der SVA-Krankenversicherungsbeiträge. Erst zum zweiten Mal innerhalb der vergangenen 20 Jahre gab es in der Kammer eine Urabstimmung, bei der alle Mitglieder befragt werden.
Von den rund 90.000 verschickten Stimmzetteln wurden 14.465 retourniert. Das entspricht etwas mehr als 16 Prozent. Obwohl man daher nicht von einer repräsentativen Abstimmung sprechen kann, ist es für Walter Ruck "eine gute Beteiligung". Auch bei der letzten Urabstimmung, als es 1995 um die Pflichtmitgliedschaft ging, habe man ein ähnliches Ergebnis erreicht. Für den Präsidenten ist es daher ein "stichhaltiges und aussagekräftiges Ergebnis und ein deutliches Votum für unternehmerische Freiheit".
Die Entscheidung sei ein Auftrag für die Politik, die Änderungen rasch umzusetzen. Ruck selbst will zunächst mit der Gewerkschaft Kontakt aufnehmen und diese zu einem Gespräch einladen: "Dann werden wir, so nehme ich an, unsere Verhandlungsteams nominieren und einen Zeitrahmen setzen." Wobei Ruck auch einen Wunschtermin für die Einrichtung einer Tourismuszone nannte - nämlich den Song Contest Ende Mai. Wien könne bei dieser Gelegenheit einen "Schritt Richtung Weltstadt" setzen. Neben den Sozialpartnergesprächen wird dies aber auch von der Stadtregierung abhängen.
Für den Kammer-Präsidenten handelt es sich bei der Sonntagsöffnung um keine sehr ungewöhnliche Maßnahme. Denn in allen anderen Bundesländern gebe es diese bereits in Tourismuszonen. Wo jene in Wien eingerichtet werden sollen, würden nun die folgenden Gespräche klären. "Jedenfalls werden sie den 1. Bezirk umfassen", sagte Ruck. Aber auch der untere Teil der inneren Mariahilfer Straße oder der Bereich um Schönbrunn könnten von einer entsprechenden Verordnung erfasst sein. Das werde aber Teil der kommenden Verhandlungen sein.
Häupl: "Keine Relevanzfür Bäcker aus Liesing"
Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) meinte zum Umfrageergebnis, er nehme zur Kenntnis, "dass zehn Prozent der Unternehmer dafür gestimmt haben". Nachsatz: "Wenn wir so eine Beteiligung bei der Mariahilfer Straße gehabt hätten, dann hätten die aber gscheit gschimpft mit uns." Abgesehen davon bezweifelt Häupl, dass eine Tourismuszone in der Innenstadt "für einen Bäcker aus Liesing oder einen Installateur aus Floridsdorf" irgendeine Relevanz habe. Tatsächlich war noch unter der ehemaligen Wirtschaftskammerpräsidentin Brigitte Jank bei Befragungen zum gleichen Thema die überwiegende Mehrheit gegen eine Sonntagsöffnung - befragt wurde allerdings immer nur in der Innenstadt.
Auf alle Fälle sei der primäre Ansprechpartner der Sparte Handel in der Kammer das Pendant in der Gewerkschaft der Privatangestellten, betonte Häupl. Sollten also die Sozialpartner zu einer Einigung bezüglich der Entlohnung des Personals beziehungsweise der räumlichen Abgrenzung der Tourismuszone zu ihm kommen, werde er gerne darüber reden.
Laut Wirtschaftskammer würden in einer Tourismuszone die seit langem bestehenden arbeitsrechtlichen Regelungen zur Sonntagsarbeit gelten. Geschätzt wird, dass 800 zusätzliche Arbeitsplätze entstehen würden. Die Mehreinnahmen würden laut Kammer mindestens 140 Millionen Euro betragen.
Über eine winterliche Öffnung der Schanigärten will Walter Ruck ebenfalls mit der Stadt reden. Häupl gibt sich offen. Er würde in dieser Sache gerne auf eine alte Vereinbarung mit Jank zurückgreifen und von Lokal zu Lokal individuell entscheiden. Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou (Grüne) kann sich ein temporäres Aufstellen von Tischen und Sesseln vorstellen. Pro Lokal sollen maximal drei bis fünf Tische erlaubt sein.
In Sachen Senkung der SVA-Beiträge will Ruck das zuständige Sozialministerium informieren.