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Ja zum Markt - mit Vorbehalten

Von WZ-Korrespondent Wolfgang Tucek

Europaarchiv

Freier Markt | Einigung unter Österreichs EURatsvorsitz möglich. | Straßburg. Die Abgeordneten des Europäischen Parlaments haben gestern, Donnerstag, eine wichtige Hürde auf dem Weg zu einem freien Binnenmarkt für Dienstleistungen in der Europäischen Union gelegt. Mit einer deutlichen Mehrheit wurde eine neue Verhandlungsgrundlage für die Dienstleistungsfreiheit angenommen. Der Vorschlag der EU-Kommission aus dem Jahr 2004 ist damit vom Tisch. Statt dem umstrittenen Herkunftslandprinzip ist in dem neuen Papier vom "Freien Dienstleistungsverkehr" die Rede. Denn am Herkunftslandprinzip hatte sich eine einzigartig emotionale Debatten entzündet. Arbeitnehmervertreter, Sozialdemokraten und Grüne hatten Lohn- und Sozialdumping in großem Stil gefürchtet.


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Dabei wollte der frühere Binnenmarktkommissar Frits Bolkestein nur den auf dem Papier bereits seit dem Inkrafttreten des EG-Vertrags 1958 bestehenden Binnenmarkt für Dienstleistungen verwirklichen. Dienstleister sollten demnach ihr Service grundsätzlich nach den Regeln ihres Heimatlandes in allen EU-Staaten anbieten dürfen. So sollten zahllose nationalstaatliche Schikanen für Dienstleister aus anderen EU-Ländern ausgehebelt werden. Dass bereits Bolkestein zahlreiche Einschränkungen des Prinzips vorgesehen hatte, wurde in der Öffentlichkeit kaum mehr wahrgenommen. Allerdings kritisierten auch Befürworter der Idee, dass die Richtlinie gegenüber dem Geltungsbereich bereits bestehender EU-Gesetze zu unklar abgegrenzt war.

Mehr Ausnahmen

Laut dem nun vorliegenden Kompromiss dürfen Dienstleistungsunternehmen, die ihren Sitz in einem EU-Land haben, sich künftig grundsätzlich in anderen Mitgliedsstaaten niederlassen oder ihre Dienstleistungen grenzüberschreitend anbieten. Einschränkungen sind nur erlaubt, wenn sie nicht-diskriminierend, notwendig und verhältnismäßig sind sowie etwa dem Schutz der öffentlichen Ordnung dienen. Heute noch übliche Hürden wie behördliche Genehmigungen müssen drei Jahre nach Inkrafttreten der Richtlinie abgebaut werden. Die Liste der Ausnahmen wurde erweitert und präzisiert. Bereits geltende Richtlinien wie jene über die Entsendung von Arbeitnehmern oder Berufsqualifikationen haben Vorrang.

Der von den beiden größten Fraktionen - der Europäischen Volkspartei und den Sozialdemokraten - ausgehandelte Kompromiss hat in der Abstimmung im Plenum weitgehend gehalten. Die Belgier und die Franzosen scherten bei der SPE aus, bei der EVP wandten sich vor allem die Abgeordneten der osteuropäischen Staaten gegen die ihrer Meinung nach zu starke Verwässerung der Richtlinie. Einmütig sprachen ÖVP-Delegationsleiter Othmar Karas und seine SPÖ-Kollegin Maria Berger von einem "starken Signal" an die Kommission und die Mitgliedsstaaten.

Gespräche gehen weiter

Der Ball ist jetzt bei Binnenmarktkommissar Charlie McCreevy, der bis spätestens Ende April eine Stellungnahme seiner Behörde angekündigt hat. Bei einer breiten Mehrheit werde er die Elemente des Parlamentsvotums übernehmen, hatte er bereits angekündigt. Doch über die Realisierung der Richtlinie entscheiden die Mitgliedsstaaten. Eine politische Einigung ist noch unter österreichischem Vorsitz möglich. Wirtschaftsminister Martin Bartenstein hat das Ergebnis der Abstimmung bereits als "Richtschnur für die weiteren Verhandlungen" begrüßt.