15 Jahre Kosmos Theater: Intendantin Barbara Klein über männliche Heldentaten und den Kampf mit der Stadt Wien.
"Wiener Zeitung":In den 1980er Jahren haben Sie mit "Chin & Chilla" feministisches Kabarett gemacht, später das Kabarett Niedermair gegründet. Wie kamen Sie zur Kleinkunst?
Barbara Klein:Das feministische Denken habe ich im klassischen Theaterbetrieb immer vermisst. Kabarett war damals die beste Möglichkeit, um mein politisches Engagement mit der Kunst zu verbinden.
Die von Ihnen initiierte Besetzung des ehemaligen Pornokinos Rondell führte schließlich zur Gründung des Kosmos. Tut es Ihnen um das Rondell leid?
Nein, im Gegenteil. Das Kosmos ist genau richtig. Wichtig ist, dass der Raum sinnvoll genutzt wird, heute ist das Porgy & Bess dort untergebracht.
Was ist das spezifisch Weibliche am Kosmos-Spielplan?
Unser Leitsatz ist, dass im Leading-Team zumindest eine Frau tätig sein muss - eine Regisseurin kann demnach auch einen Dramatiker inszenieren und umgekehrt. Inhaltlich legen wir besonderes Augenmerk auf den Umgang mit Rollenbildern und Geschlechterstereotypen, weshalb wir überwiegend zeitgenössische und kaum klassische Stücke auf den Spielplan setzen. Frauen können im Sinne der Diversität in althergebrachten Mustern etwas einbringen, das zu einer anderen Qualität führen kann. Qualität kann es ohne Diversität nicht geben, davon bin ich überzeugt.
Gibt es überhaupt so etwas wie einen weiblichen Blick in der Kunst?
Es gibt weibliche Erfahrungen. Wir erleben nicht dasselbe, weil wir anders behandelt werden, und das fängt schon im Babyalter an. Ich will das nicht bewerten, aber diese Erfahrungen fließen natürlich in die Kunstproduktion ein. Es ist doch so, dass das Theaterpublikum überwiegend weiblich ist. Da muss man den Frauen doch Stücke bieten, in denen es um etwas geht, was sie betrifft. Ich finde es unglaublich, dass man ihnen als Handlungsträger dauernd männliche Bühnenfiguren und deren "Heldentaten" vorsetzt.
Wie sehen Sie die Situation von Frauen am Arbeitsplatz Theater?
Natürlich gab es Fortschritte, aber Intendantinnen kann man nach wie vor an einer Hand abzählen. Ich bin gespannt, ob im Burgtheater nach Karin Bergmann wieder eine Frau zum Zug kommen wird. Bei den Regisseurinnen hat sich in den vergangenen 15 Jahren einiges getan, nur Dramatikerinnen haben es nach wie vor sehr schwer, im männlich dominierten Theaterbetrieb zu reüssieren.
Brauchen wir eine Frauenquote am Theater?
Ja, auf jeden Fall.
Ihre Bilanz nach 15 Jahren?
Es war nicht einfach, von der städtischen Kulturpolitik werden wir nicht sonderlich geschätzt und wir sind immer noch allein auf weiter Flur. Dafür haben wir uns wirklich gut geschlagen! In ganz Europa gibt es kein Haus dieser Größe, das sich mit feministischer Kultur und Politik auseinandersetzt. Das schmerzt. Ich hätte mir gewünscht, dass man die Idee eines kulturpolitischen Frauenraums auch in andere Länder tragen kann. Eigentlich sollte es in jeder Großstadt so etwas wie das Kosmos geben.
Wie steht es um die Zukunft? Seit Jahren will die Stadt Wien das Theater kommunalisieren, zuletzt gab es keine Empfehlung von der Jury.
Die letzte Theaterjury hat uns gar nicht bewertet, wir sind einfach ignoriert oder vergessen worden. In einer Fußnote steht, dass das Haus ein Proberaum für freie Gruppen werden soll.
Das hat die Stadt dementiert, man will am Gender-Theater festhalten.
Gelten nun die Empfehlungen der Jury oder nicht? Eine politische Entscheidung sollte stringent sein. Jedenfalls kann die Stadt das Haus nicht ausschreiben, weil es ihr nicht gehört.
Wem gehört das Theater?
Ich bin die Alleineigentümerin einer GesmbH, die den Mietvertrag hält.
Wie ist der aktuelle Stand der Verhandlungen?
Wir sind übereingekommen, das nicht gekauft oder verkauft wird. Zurzeit hat die Stadt Wien die Verhandlungen ausgesetzt.
Warum ist es so schwer, eine Einigung zu erzielen?
An uns ist es jedenfalls nicht gescheitert. Wir haben in den vergangenen zehn Jahren mit ungefähr 23 Menschen verhandelt. Es gab keine klare Linie der Stadt Wien, einmal wird dies, einmal jenes kritisiert. Mittlerweile sind wir wohl das bestkontrollierte Theater: Dreimal war das Kontrollamt da, zweimal die Wirtschaftsprüfer, wir wurden von oben bis unten durchforstet und nie wurde etwas Negatives gefunden.
Wo liegt dann der Knackpunkt?
Meine Bedingungen sind seit Jahren unverändert. Aber die Stadt weiß offenbar nicht, ob sie das Theater kaufen will und welche Organisation es dann in welcher Form übernehmen soll.
Was wünschen Sie sich für das Kosmos Theater?
Dass es sich weiterentwickelt.
Mit Ihnen an der Spitze?
Ich bin weder tot noch krank und daher mache ich mit Freuden weiter. Wenn die Verhandlungen anders gelaufen wären, wäre ich auch bereit gewesen, das Haus abzugeben. Vorläufig gibt es eine Förderung bis 2016. Danach sehen wir weiter.
Barbara Klein: Die Wiener Schauspielerin und Kabarettistin (60) gründete 2000 das Kosmos Theater und ist seither dessen Leiterin.