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Jackson-Absage: Für Renate Brauner ein Ende mit Schrecken und Imagekratzern

Von Christian Mayr

Analysen

Wiens Finanzstadträtin Renate Brauner war in den vergangenen Tagen auf einer Hochschaubahn der Gefühle unterwegs - und dabei hat ihr politisches Image erstmals Kratzer abbekommen.


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Noch am Dienstag durfte sich die SPÖ-Politikerin im Blitzlichtgewitter der internationalen Presse sonnen, als die "Stars" für das Michael-Jackson-Tribute-Konzert in einer großen Pressekonferenz präsentiert wurden. Brauner verteilte einen Porzellan-Mozart an Jackson-Bruder Jermaine, bezeichnete das Event als "große Chance für Wien als Tourismusdestination" und gefiel sich sichtlich in ihrer Rolle als Wiener Bürgermeisterin in spe.

Dass die dort präsentierten Stars jedenfalls keine der erwarteten Superstars waren (das suggerierten schon allein die horrenden Kartenpreise von 63 bis 518 Euro), hätte man als Gastgeberin im Rathaus vorab durchaus wissen können.

Man hätte aber jeden-falls sehen müssen, dass entgegen den Versprechungen in den darauffolgenden Tagen keine weiteren Künstler präsentiert werden; ganz im Gegenteil ließen angekündigte Sänger ihren Auftritt dementieren. Worauf das Feld dieser Semi-Promis weiter schrumpfte. Und schließlich hätte man als linke Politikerin, die sich stets als Frauenrechtlerin positioniert, wissen sollen, dass einer der für Schönbrunn geplanten Stars, der Skandal-Rapper Chris Brown, erst kürzlich wegen Verprügelns seiner Ex-Freundin Rihanna verurteilt worden war.

Hätte Brauner all das gewusst, hätte sie sich wohl nicht lächelnd aufs Podium gesetzt, den Veranstaltern vorschnell 600.000 Euro zugesagt und sich bereit erklärt, auch die Kosten für die Infrastruktur (Wiener Linien, Rettung) zu tragen. Ganz zu schweigen von der ungewöhnlichen Maßnahme, für einen Tag Westeinfahrt und -ausfahrt zu sperren. Der Knackpunkt ist freilich: Als Politikerin muss man sich über derartige Dinge voll informieren, anstatt - wohl geblendet von weltweiter Publicity - den Veranstaltern blindlings zu vertrauen.

Laut Rathaus-Insidern ließ Brauner letztlich nicht nur der Druck der Medien ob der üppigen Förderung, sondern auch der Unmut aus den eigenen Reihen zurückrudern. "Ihr sind unzweifelhaft Fehler passiert", heißt es.

Am Ende versuchte die Vizebürgermeisterin noch, das Gesetz des Handelns an sich zu reißen, und strich die Förderzusage wieder - was die unrühmliche Geschichte freilich nicht vergessen macht. Einige Gruppen in der Wiener SPÖ haben ihr Agieren genüsslich verfolgt, weil sie schon lange auf Patzer warten, die Brauner im Häupl-Nachfolgerennen zurückwerfen.

Ob die Jackson-Affäre dazu angetan ist, wird sich erst weisen. Sicher ist, dass für sie die Absage noch besser war, als wenn das Konzert mit wenigen Besuchern zum Mega-Flop mit monatelangen Polit-Nachwehen avanciert wäre.

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analyse@wienerzeitung.at