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Südafrikas Präsident wird in vielen Breichen Untätigkeit vorgeworfen.| Doch es gibt Erfolge im Kampf gegen Armut.
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Pretoria. An das Original aus Südkorea kommt man natürlich nicht heran. Mit fast zwei Milliarden Klicks auf der Videoplattform Youtube schwebt "Gangnam Style", die Neureichen-Parodie, die den Rapper Psy zum Weltstar hat werden lassen, in fast schon jenseitigen Spähren. Doch dafür, dass "Nklanda Style" erst seit knapp einem Monat online ist, schlägt es sich mit knapp 400.000 Zugriffen nicht schlecht. Nklanda, das ist das Anwesen von Südafrikas Präsident Jacob Zuma in der wildromantischen Provinz Kwazulu-Natal, für dessen Ausbau 25 Millionen Dollar an Steuergeld verwendet wurden. Neben einem Amphitheater und vielen anderen Dingen, die das Leben schöner machen, verfügt Nklanda auch über einen großzügigen Pool, der in den Einreichplänen allerdings als sicherheitsrelevanter Löschteich getarnt wurde.
Vor allem für die Ärmsten ist Nklanda ein Symbol dafür, wie weit sich Südafrika und der seit 20 Jahren regierende ANC mittlerweile von den Idealen der Regenbogennation entfernt haben, die Nelson Mandela einst als egalitäre Vision skizziert hat. Überall ist vom Rückschritt zu hören, und vom Desinteresse der Politik für die untersten sozialen Schichten, die die eigentliche Basis des ANC darstellen.
Zuma, der als wenig begnadeter Redner gilt und der zum Entsetzen seiner Berater oft das ausspricht, was er gerade denkt, wird vor allem vorgeworfen, zu wenig gegen die Ungerechtigkeiten in der Einkommensverteilung getan zu haben. 40 Prozent der Schwarzen sind ohne Job, ebenso jeder zweite junge Mensch. Der Abbau von Rohstoffen ist nach wie vor einer der wichtigsten Wachstumsfaktoren, die Landreform, die die Dominanz der Weißen in der Landwirtschaft beenden sollte, gilt als gescheitert. Und auch der Versuch der Regierung, mit einem komplizierten Quoten-Programm ("Black Economic Empowerment") Wirtschaft, Behörden und Institutionen zu zwingen, mehr Schwarze und Farbige in Führungspositionen zu bringen, war wenig erfolgreich.
Vor aller Welt ausgebuht
Dass für Zuma die Fußstapfen Mandelas auch nach fünf Jahren Amtszeit noch immer viel zu groß sind, war auch beim Begräbnis der im Dezember verstorbenen Anti-Apartheidsikone deutlich sichtbar. Damals wurde Zuma mit Buhrufen empfangen, Tausende verließen noch während der Rede des 72-Jährigen das FNB-Stadion in Johannesburg. Vor den Augen der Mächtigen der Welt wurde Zuma blamiert.
Doch trotz aller Kritik kann der Machtpolitiker Zuma auch auf Erfolge verweisen, selbst wenn der Grundstein dafür schon vor seiner Amtszeit gelegt worden war. Seit dem Ende des Apartheidsregimes bekamen 3,3 Millionen Familien vom Staat ein Haus. Wohnten 1994 noch mehr als 60 Prozent der Menschen in provisorischen Behausungen ohne Strom und Wasser, so sind es heute nur noch 14 Prozent. Erfolge gab es auch beim Kampf gegen Kindersterblichkeit, Analphabetismus, Schulabbruch und HIV-Infektionen. 16 Millionen Menschen bekommen zudem vom Staat Unterstützung - meistens in der Form von Kindergeld. Dadurch wird verhindert, dass Millionen in extremer Armut leben. Südafrika gehe es heute besser als vor 20 Jahren, betont auch Zuma immer wieder, wenn er bei einer Wahlveranstaltung zu seinen Anhängern spricht.
Diese Entwicklung wird selbst von ANC-Kritikern wie Friedensnobelpreisträger Desmond Tutu gewürdigt. Dieses "wunderbare Land mit seinen großartigen Menschen" habe bemerkenswerte Fortschritte gemacht, meinte der ehemalige Erzbischof von Kapstadt, der bei den Parlamentswahlen am Mittwoch keinesfalls für seine ehemaligen Weggefährten stimmen will, vor kurzem. Viele ANC-Kritiker erkennen zudem auch an, dass eine derart umfassende Transformation des Staates nicht von heute auf morgen passieren kann. "Südafrika darf sich nicht mit makellosen Staaten wie Schweden vergleichen", schreibt der Publizist Max du Preez. "Und verglichen mit der Türkei, mit Indien, Brasilien, Nigeria oder Russland steht das Land sehr gut da."
Zuma, der seinen Aufstieg in der Partei dem linken Flügel und einem dichten Netzwerk an Beziehungen verdankt, wird aber wohl das schlechteste ANC-Ergebnis seit 1999 einfahren. Eine am Sonntag veröffentlichte Umfrage des Instituts Ipsos sieht den ANC bei 63,9 Prozent der Stimmen nach 65,9 Prozent bei der Wahl vor fünf Jahren. Die Zwei-Drittel-Mehrheit, die schnelle Verfassungsänderungen ermöglichen würde, dürfte damit relativ deutlich verfehlt werden.
Im Wahlkampf hatte Zuma, der sich ideologisch selten festlegt und oft übergangslos zwischen neoliberalen und linken Positionen changiert, vor allem Verbesserungen im Bildungs- und Gesundheitswesen versprochen. Ebenso soll das Land bei der Verbrechensbekämpfung und bei der Schaffung neuer Arbeitsplätze vorankommen. Doch 20 Jahre nach dem Ende des Apartheidsregimes sind es ohnehin nicht die Themen, die eine Wahl in Südafrika entscheiden. Für die meisten schwarzen Südafrikaner wiegen die Verdienste, die sich der ANC im Freiheitskampf erworben hat, noch immer schwerer als Korruptionsskandale und Klüngelei.