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Jahrelang zu niedrig entlohnt

Von Sophia Freynschlag

Wirtschaft

Dayli war kein Einzelfall: Immer wieder zahlen Unternehmen weniger, als der Kollektivvertrag vorsieht.


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Wien. Bezahlung unter dem Kollektivvertrag (KV) ist verboten - doch immer wieder zahlen schwarze Schafe weniger als im KV vereinbart. Weit verbreitet war die Unterentlohnung bei der mittlerweile zugesperrten Drogeriekette Dayli. Wie sich nach der Insolvenz herausstellte, waren rund 1000 der 3400 Mitarbeiter, die überwiegend alleine in einer Filiale tätig waren, jahrelang in einer zu niedrigen Beschäftigungsgruppe eingestuft. Zahlreiche Nachforderungen an den Insolvenzentgeltfonds waren die Folge. Auch bei einer Bäckerei und einer Leiharbeitsfirma wurden Mitarbeiter falsch entlohnt, nennt die Arbeiterkammer (AK) Oberösterreich weitere Beispiele.

Nach einer Prüfung der Gebietskrankenkasse wurden 2012 bundesweit Sozialversicherungsbeiträge von 192 Millionen Euro nachverrechnet, heißt es von der AK. "Die Arbeitnehmer werden aber nicht von der Gebietskrankenkasse verständigt, dass ihr Arbeitgeber aufgrund des zu wenig gezahlten Entgelts Sozialversicherungsbeiträge nachzahlen muss. Mitarbeitern wird so die Möglichkeit genommen, Unterentlohnung geltend zu machen", kritisiert Johann Kalliauer, Präsident der AK OÖ. Die AK plädiert dafür, dass die Mitarbeiter vom Ergebnis der Prüfung informiert werden müssen. Derzeit ist das Sache des Betriebs. Zudem fordert Kalliauer eine Verlängerung der Verfallsfristen, innerhalb derer Ansprüche beim Arbeitgeber geltend gemacht werden können. Auch bei jahrelanger falscher Entlohnung verfallen etwa Ansprüche am Bau laut KV nach drei Monaten.

Vor allem im Reinigungsgewerbe und in der Gastronomie werden Beschäftigte mitunter für weniger Stunden, als sie tatsächlich arbeiten, angemeldet - ein Teil des Gehalts wird schwarz bezahlt, um Abgaben zu sparen, heißt es von Sozialversicherungen. Durch die geringere Beitragsgrundlage bekommen Arbeitnehmer allerdings weniger Pension, Krankengeld und Arbeitslosengeld.

Diskussionen um die KV-Einordnung gibt es derzeit rund um Ströck und Mann: Nach einer Aufsichtsbeschwerde der GPA-djp muss nun das Wirtschaftsministerium entscheiden, ob die beiden Betriebe den schlechteren Gewerbe-KV anwenden dürfen oder unter den Großbäcker-KV fallen.

Mehr atypisch Beschäftigte

Fast jeder dritte Arbeitnehmer ist atypisch beschäftigt, wie der AK-Arbeitsklimaindex, eine Befragung unter 4000 unselbständig Beschäftigten pro Jahr, ergeben hat. Der Anteil der unbefristeten Vollzeitbeschäftigten ist seit 2008 gesunken. Frauen sind häufig in Teilzeit oder geringfügig beschäftigt, Migranten und Niedrigqualifizierte in Leiharbeit, Höherqualifizierte als freie Dienstnehmer.

"Flexible Beschäftigungsformen" seien auf dem Vormarsch, aber nicht auf Kosten von regulären Dienstverhältnissen, sondern auf Kosten des Anteils der Inaktiven und Arbeitslosen, sagt Martin Gleitsmann von der Wirtschaftskammer. Der Teilzeitanstieg seit 2004 ging nicht auf Kosten der Vollzeitjobs, verweist er auf eine Erhebung der Statistik Austria.