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Jahresservice für den Körper

Von Alexandra Grass

Wissen
Das Um und Auf ist die Pflege des Darms.
© fotolia

Die meisten Gifte und Schlacken sind harmlos, solange die Dosis passt.


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Wien. Bei jedem billigen Radiowecker ist eine mindestens dreiseitige Gebrauchsanweisung inkludiert. Darin steht, wie man ihn bedient und was passiert, wenn wir ihn falsch anstecken. "Der Mensch kommt auf die Welt, und statt einer Gebrauchsanweisung wird nur die Plazenta mitgeliefert", erklärt Alex Witasek, Allgemeinmediziner, Präsident der Internationalen Gesellschaft der F. X. Mayrärzte und Mitentwickler des medizinischen Konzepts im "La Pura Women’s Health Resort Kamptal". Auf eine Wartungsanleitung wartet man demnach vergeblich. Auch Ärzte helfen dabei nur sehr selten weiter. Denn: "Sie lernen an der Uni nicht, wie man Gesundheit erhält, sondern wie man Krankheit repariert", beklagt Witasek im Gespräch mit der "Wiener Zeitung".

Eine Wartungsanleitung

Dabei ist es wichtig, seinen eigenen Körper zu warten. Leicht wird es einem aber dann auch nicht gemacht, denn Menschen lernen großteils durch Lust oder Schmerz. Doch wenn es weh tut, ist es leider oft schon zu spät. Wirklich gefährlich wird es bei Zivilisationskrankheiten wie Bluthochdruck, Diabetes, Arteriosklerose oder auch Krebs. Diese sind oft lange nicht spürbar. Die Ganzheitsmedizin setzt daher auf regelmäßige Entgiftungskuren - ob diätetische Kuren nach Franz-Xaver Mayr, Ayurveda, Kneippen oder Lymphdrainage. Angebote gibt es reichlich. Aber warum eigentlich Gifte? Manche sind der Ansicht, um ausscheidungspflichtige Substanzen kümmern sich sowieso Lunge, Niere und Darm. Doch scheint es auch Gifte und Schlacken zu geben, die den Weg aus dem Körper nicht selbstständig finden. Hier könne man, so Witasek, etwas nachhelfen.

"Die meisten Gifte, die wir wegbringen wollen, sind harmlos, wenn die Dosis passt." Zudem benötigen wir manche Gifte, etwa um Krankheitserreger zu killen. Doch wenn die Dosis nicht passt, kann der Körper nicht mehr selbst regulieren. So entsteht dann etwa aus der aus Nahrung gewonnenen Aminosäure Tryptophan nicht das schmerzstillende und antidepressiv wirkende Serotonin oder das "Schlafhormon" Melatonin, sondern das Enzym Kynurenin, das entzündungsfördernd wirkt und vorzeitigen Zelltod bewirken kann.

Und Entzündungen kann der Körper nicht brauchen. Denn es sind diese sogenannten "silent inflammations", die den menschlichen Organismus ins Ungleichgewicht bringen und etwa Arteriosklerose (Gefäßverkalkung) oder Krebs verursachen können.

In der empirischen Medizin wird die Notwendigkeit des Entgiftens seit jeher beschrieben. In der universitären Medizin würde sie hingegen oft "als Geschäftemacherei verpönt", so Witasek. In den Religionen wiederum ist es gang und gäbe, einmal im Jahr zu fasten - im Christentum 40 Tage vor Ostern, im Islam der Fastenmonat Ramadan. Auch das Judentum kennt mehrere Fasttage: Der wohl berühmteste ist der Versöhnungstag Jom Kippur - der höchste jüdische Feiertag.

Im Gegensatz zum religiös motivierten Fasten hat in unseren Breiten wohl das Heilfasten zur Regeneration einen höheren Stellenwert. Doch zum Entgiften gehört mehr, als bloß nichts zu essen. So kann es auch täglich erfolgen, wenn man sich die Nahrung so einteilt, dass man 14 Stunden pro Tag - am besten über Nacht - nichts zu sich nimmt und sich in der Zeit von 8 bis 17 Uhr in der Ernährung "ein bisschen am Urmenschen orientiert". Also Kohlenhydrate einsparen - das heißt viel Obst und Gemüse, wenig Wurstwaren und kaum Beilagen.

Ein ritualisiertes Entgiften sollte einmal im Jahr für zwei bis drei Wochen stattfinden, rät der Mediziner. Bei der vielfach bekannten Mayr-Kur, benannt nach dem gleichnamigen österreichischen Arzt, setzt man auf Schonung, Säuberung, Schulung des Verdauungsapparates und Nahrungsergänzungsmittel. Das morgendliche Trinken einer Bittersalzlösung fördert den Gallenfluss, entgiftet somit die Leber, regt die Darmbewegungen an und säubert von alten Stuhlresten und giftigen Stoffwechselprodukten. Die Ernährung ist individuell, wobei die klassische Mayr’sche Milch-Semmel-Diät kaum noch angewendet wird, da das Gluten (Klebereiweiß im Getreide) den Darm irritiert und Milch oft nicht vertragen wird. Im Vordergrund steht die richtige, langsame Essensweise. Wichtiger Bestandteil ist die ärztliche manuelle Bauchbehandlung. Sie fördert die Durchblutung, löst Lymphstauungen auf und macht den Dünndarm aktiver.

Fettreserven schwinden

Beim Fasten nach dem deutschen Arzt Otto Buchinger wird mit Gemüsebrühe und Säften eine geringe Menge Kalorien, Vitamine und Mineralien zugeführt. Das verringert die Belastung für den Stoffwechsel. Hinzu kommen Einläufe zur Darmreinigung.

Die oft kritisierte klassische Schrothkur geht auf den tschechischen Fuhrmann Johann Schroth zurück. Die Kost ist salz-, fettlos und eiweißarm. Es gibt Trink- und Trockentage, wobei als Flüssigkeitszufuhr auch Alkohol dient. Mittlerweile gibt es Modifikationen, die modernen ernährungswissenschaftlichen Erkenntnissen besser entsprechen sollen.

Und was tut sich im Körper? Ohne Nahrung schaltet der Organismus nach ein bis zwei Tagen auf Spar-Stoffwechsel um, um den Energieverbrauch zu reduzieren. Nach und nach werden die Kohlenhydrat- und Fettreserven des Körpers aufgelöst. Pro Tag verlieren Fastende durchschnittlich 400 Gramm Gewicht. Ein Abbau von Muskulatur wird durch Bewegung verzögert und beginnt in nennenswertem Ausmaß erst nach Verbrauch der Fettreserven.

Heilfasten kann als Jahresservice am eigenen Körper gesehen werden, das man allerdings am besten nach Rücksprache mit dem Arzt und unter der Aufsicht von Fachleuten durchführt.