Steindl mit prominenter Hilfe von Vizekanzler Pröll. | Ärger über Politik und Wirtschaftslage. | Oberpullendorf. Es ist Markttag in Oberpullendorf. Nur vier Mal im Jahr findet der in der burgenländischen Stadtgemeinde statt - und wenn er dann auch noch in die Wahlkampfzeit fällt, dann nimmt es kaum wunder, dass das Ereignis von fast allen Parteien weidlich genutzt wird.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 14 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
So auch von ÖVP-Spitzenkandidat Franz Steindl, der sich an diesem Tag die Unterstützung von seinem Parteichef Josef Pröll geholt hat. Nach einer Pressekonferenz samt Einkehrschwung mit Fans ziehen die beiden über den Markt. Eine junge Frau freut sich zwar über die ÖVP-gelben Windräder für ihre Sprösslinge, erklärt aber, sie wähle SPÖ-Landeschef Hans Niessl. Generell habe man als Normalbürger ohnehin "nicht viel zu reden".
Nichtsdestotrotz: Der Tross samt Finanzminister bewegt sich weiter - und trifft gleich auf ein Team der FPÖ. Statt wahlkämpferischer Drohgebärden gibt es freundliche Handshakes und launige Kommentare. "Schau, der schaut ein bisserl dem Strache ähnlich", meint etwa Steindl - nicht ganz zu Unrecht - in Richtung eines jüngeren Blauen. "Erste Sondierungsgespräche", witzelt eine ÖVP-Anhängerin.
Pröll als Hauptattraktion in Oberpullendorf
Gleich nebenan, vor einer Langos-Bude, klagt ein älterer Herr Pröll seine Sorgen. "Es ist eine ungewöhnliche Zeit, aber wir kriegen es wieder in den Griff", verspricht der Finanzminister. Der Mann will die ÖVP wählen - weil Pröll "symphatisch ist".
Sympathisch ist der ÖVP-Chef offenbar auch einem kleinen Buben, der mit Windrad und Mannerschnitten versorgt wird. Ob das Auswirkungen auf das Wahlverhalten seiner Mutter haben wird? Sie schwanke noch zwischen zwei Parteien, sagt sie - und zeigt sich überrascht darüber, dass sie plötzlich dem Vizekanzler gegenübersteht.
Überhaupt stiehlt Pröll Steindl die Show. Ein Ehepaar kann es kaum glauben, wer da über den Markt spaziert, doch gerade, als sich die beiden überwinden und Pröll ansprechen wollen, stürmt eine Dame auf ihn zu. "Ich sollte eigentlich mit Ihnen streiten, weil Sie mir so viel Lohnsteuer abziehen", meint sie empört. Wenn sie sich ans Ministerium wende, werde man ihren Fall prüfen, versichert Pröll - und sie zieht entzückt von dannen.
Dann kommt doch wieder Steindl ins Spiel. Er macht Pröll mit dem 73-jährigen Laci Galos bekannt. Er ist der dienstälteste noch praktizierende Tormann Österreichs, wie er sagt. Wie er sich fit hält? "Ich trainiere viel und trinke keinen Alkohol, nur rauchen tu ich schon." Seit 1953 steht er im Tor - derzeit für den SC Unterpullendorf. Da aber am Sonntagvormittag ohnehin nicht gespielt werde, gehe er zur Wahl - wo er sein Kreuzerl macht, weiß er indes noch nicht.
Tschürtz Probleme mit der Wiedererkennung
Nicht nur für die ÖVP ist der Wahlkampf in Oberpullendorf gleichsam ein Heimspiel - auch die FPÖ-Ergebnisse lagen dort 2005 über dem Landesergebnis. So zieht kurz nach der ÖVP ein anderer Wahlkampftross über den Markt, diesmal mit FPÖ-Mann Johann Tschürtz an der Spitze.
In Sachen Wiedererkennungswert hat es der - auch mangels prominenter Begleitung - aber deutlich schwerer als Steindl. Eine ältere Frau, die gerade mit Feuerzeug, Kugelschreiber und Flugzettel versorgt wurde, gibt unumwunden zu, dass ihr der edle Spender nicht bekannt sei. Zumindest in die richtige Richtung geht die Vermutung eines Marktstandlers: "Das war der Strache, oder?", sagt er. Jedenfalls werde er jetzt genau "das Bücherl studieren", das er von Tschürtz bekommen hat - "Heimat Burgenland", herausgegeben von der Freiheitlichen Akademie.
Eine Gruppe Schüler freut sich da schon mehr über die blau gewandeten Stoffbärchen. Auf die Frage, wen sie wählen wollen, meint ein Mädchen "SPÖ", ein Bursch "FPÖ", worauf er von der Gruppe rundheraus als "Schleimer" tituliert wird. Doch eine Begründung für ihre Wahlentscheidung will oder kann keiner der Jungen abgeben.
"Ich wähle lieberungültig als gar nicht"
Eine ältere Frau, die sich zuvor angeregt mit Tschürtz unterhalten hat, weiß ebenfalls, wen sie wählen wird - sagen will sie es aber nicht. Nur so viel: "Man hat schon seine Meinung." Eine deutliche Meinung hat auch ein Herr, der bereits mit Wahlgeschenken ausgestattet wurde. "Es ist egal, wen man wählt, die packen sowieso den Dreck vom Vorgänger aus", meint er verbittert. Dennoch: "Ich wähle lieber ungültig als gar nicht." Ähnlich ein anderer Mann, der ebenfalls weiß wählen will: "Von mir kriegt keiner eine Stimme, weil die lügen alle." Das habe man ja gerade bei der Steuerdebatte gesehen.
Die Wirtschaftslage ist auch Thema an einem Marktstand. Der Besitzer beschwert sich bei Tschürtz über das schlechte Geschäft. Der FPÖ-Kandidat zeigt Verständnis: "Und dafür überweisen wir den Griechen so viel Geld." Der Standler weiß jedenfalls, wen er wählen wird: "Einen von denen, die heute hier vorbeigekommen sind."
Wer das nun sein soll, sei der Phantasie des Lesers überlassen. Neben Steindl, Pröll und Tschürtz wurde nämlich noch der Spitzenkandidat der Liste Burgenland, Manfred Kölly, auf dem Oberpullendorfer Markt gesichtet. Die SPÖ hat ebenfalls das Terrain beackert, wenn auch ohne Hans Niessl.
Zur Person Franz Steindl
Seit Ende Dezember 2000 ist Franz Steindl Landeshauptmannstellvertreter. Jetzt will er Erster werden. Mit der Ankündigung, 2010 Landeshauptmann sein zu wollen, hat sich der burgenländische ÖVP-Chef ein ambitioniertes Ziel gesetzt.
Steindl kam am 10. Jänner 1960 in Purbach zur Welt. Er studierte an der Uni Wien Volkswirtschaft. Während seines Studiums engagierte er sich bei der Jungen ÖVP. Steindl war auch beim ÖAAB aktiv. Danach war er von 1992 bis 1994 als Landesgeschäftsführer in der Parteizentrale. Von 1994 bis 2000 gehörte er dem Nationalrat an. 1992 gewann er für die ÖVP den Bürgermeistersessel in seiner Heimatgemeinde Purbach zurück.
Steindl ist verheiratet und Vater von zwei Kindern.
Zur Person Johann Tschürtz
Johann Tschürtz wurde am 12. Dezember 1959 in Eisenstadt geboren. Er absolvierte eine Schlosserlehre und die Polizeischule in Wien und war ab 1981 als Polizeibeamter tätig. 1992 gründete er die Ortsgruppe der FPÖ in seiner Heimatgemeinde Loipersbach, im Juli 1996 übernahm er die Agenden des Landesgeschäftsführers und zog auch in den Landtag ein. Nachdem Tschürtz im Mai 2002 zum Obmann-stellvertreter der burgenländischen FPÖ gewählt worden war, übernahm er nach dem Rückzug von Stefan Salzl von der Parteispitze die Funktion des geschäftsführenden Obmanns. Am 16. Jänner 2005 wurde er bei einem Landesparteitag in Eisenstadt mit 91,9 Prozent zum FPÖ-Landesobmann gewählt und ging als Spitzenkandidat in die Landtagswahl 2005.
Niessl: ÖVP macht Fundamentalopposition
+++ Großer Aufholbedarf bei Forschung und Entwicklung
+++ Erster Versuch der Liste Burgenland