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Drei Monate gibt der Großinvestor George Soros der Eurozone Zeit, um das Problem so anzupacken, dass es auch alle glauben. Danach würde das Auseinanderbrechen drohen.
Mit Spanien steckt mittlerweile die viertgrößte Volkswirtschaft in einer veritablen Kreditklemme. Das ist das Ende der Fahnenstange. Was aber würde passieren, sollte die Eurozone tatsächlich auseinanderbrechen?
Nun, eines ist relativ einfach zu beantworten: Europas jetzige Regierung würden über kurz oder lang abgewählt werden. Das Chaos wäre einfach zu groß. Die deutsche Industrie (vor allem die Automobilindustrie), die das Land stabil hält, würde bald deutlich weniger exportieren, weil die deutsche Währung enorm aufwerten würde. Gleichzeitig müssten diese Betriebe ihre Beteiligung im europäischen Ausland teilweise abschreiben. Viele von ihnen gingen pleite. Und Österreichs Wirtschaft würde mit nach unten fahren.
Vermutlich würden in vielen Ländern vorgezogene Wahlen stattfinden (müssen). Denn die Verwerfungen in der politischen Landschaft bei einem Scheitern des Euro wären mit den wirtschaftlichen vergleichbar. In Österreich wäre wohl die FPÖ unangefochtene Nummer eins.
Europa steht in Flammen - mit diesem eindringlichen Appell hat sich der frühere deutsche Außenminister Joschka Fischer in der "Süddeutschen Zeitung" zu Wort gemeldet. Es wäre hoch an der Zeit, dass die Regierungschefs und Finanzminister der EU endlich aufwachen. Das Lamento des deutschen Finanzministers Wolfgang Schäubles, dass Griechenland nun Spanien angesteckt habe, ist sinnlos. Er selbst half durch Untätigkeit mit, das Virus ausbrechen zu lassen.
Europa steht vor einem interessanten Projekt: Die politische Union muss auf den Weg gebracht werden, ohne die in Demokratien üblichen Prozeduren einzuhalten. Und gleichzeitig ohne Alternative.
Die Euro-Krise hat Werte vernichtet wie sonst nur Kriege. In Wahrheit stehen die EU-Regierungschefs vor einer Neuauflage der Jalta-Konferenz: Europa muss neu geordnet werden. Nur lag damals alles sichtbar in Trümmern, heute nur unsichtbar. Es ist Zeit, den Bürgern reinen Wein einzuschenken, dass es mit der Mitbestimmung und Einstimmigkeit in der EU in Kürze vorbei sein wird. Nun sind Entscheidungen notwendig, und zwar eindeutige.