Miami - Janet Reno, unter Bill Clinton acht Jahre lang amerikanische Justizministerin, hat Dienstag ihre Kandidatur für die im nächsten Jahr stattfindenden Gouverneurswahlen in Florida angekündigt. Sie will den jüngeren Bruder von US-Präsident George W. Bush, Jeb Bush, der seit 1998 Gouverneur des US-Bundesstaates ist, in dem im Vorjahr die Präsidentenwahlen nach einem wochenlangen Tauziehen um die Stimmenauszählung entschieden wurden, herausfordern.
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Die 63-jährige aus Miami stammende Reno, die vor ihrer Karriere als Justizministerin fünfmal zur Staatsanwältin in Miami-Dade gewählt worden war, sieht für sich selbst die besten Chancen, die demokratischen Vorwahlen im September 2002 für das Rennen um die im November stattfindenden Gouverneurswahlen zu gewinnen. Nach jüngsten Meinungsumfragen liegt sie bei mehreren Gegenkandidaten im eigenen politischen Lager mit 47 Prozent klar voran. Dieselben Umfragen zeigen aber, dass der amtierende Gouverneur Jeb Bush im Zweikampf mit Reno derzeit 54 Prozent der Stimmen erhalten würde, Reno aber nur 39.
Doch die streithafte Ex-Justizministerin hat schon mehrfach betont, dass sie auf die Ergebnisse von Meinungsumfragen zu so einem frühen Zeitpunkt wenig gibt. Sie ist sicher, den Präsidentenbruder in einem gezielten Wahlkampf besiegen zu können. Als Schwerpunkte ihrer Wahlkampagne kündigte sie eine Verbesserung des Schulsystems, den Kampf für den Umweltschutz, Maßnahmen für die Fortsetzung des Wirtschaftswachstums und den Einsatz für die Rechte der älteren Generation an, die in Florida ein mächtiges Wählerreservoir darstellt.
Fragen nach ihrem Gesundheitszustand - Reno leidet seit Jahren an der Parkinsonschen Krankheit - beantwortet die Spitzenpolitikern mit klaren Worten: "Wenn man acht Jahre lang in Washington überlebt hat, mit dem Pressecorps und dem Kongress und dann drei Tage lang mit dem Kayak die Flüsse Floridas hinuntergefahren ist, ohne dass das Boot eine Schramme bekommen hat, dann geht's einem wirklich gut. Ich glaube, ich schaffe es, sonst wäre ich nicht hier."
Reno glaubt auch, dass die Auseinandersetzungen rund um die Stimmenauszählung bei den Präsidentenwahlen des Vorjahres die Demokraten in Florida begünstigt und viele den derzeitigen Gouverneur für seine Rolle in dieser Auseinandersetzung "bestraft" sehen wollen.
Allerdings ist auch Reno selbst nicht unumstritten. Vor allem ihre Rolle in der Affäre um den kubanischen Flüchtlingsbuben Elian Gonzalez - sie hatte sich dafür eingesetzt, dass Elian nach einem monatelangen Tauziehen zu seinem Vater nach Kuba zurückkehren konnte - haben ihr bei den kubanischen Emigranten in Florida viele Feinde geschaffen.
Das Medieninteresse an ihrem Wahlkampf jedenfalls ist außerordentlich groß. Nach der Ankündigung der Kandidatur, empfing Reno die Journalisten der großen US-Networks, die sich vor ihrem Haus in Kendall geduldig angestellt hatten, im Fünfminutentakt zu Interviews.