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Umfragen sehen Opposition um 23 Prozentpunkte voran. | Grabenkämpfe in der regierenden LDP. | Tokio. In Japan wird nach der am Dienstag erfolgten vorzeitigen Auflösung des Parlaments durch Premierminister Taro Aso mit dem ersten Regierungswechsel seit 15 Jahren gerechnet.
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Nach der jüngsten Umfrage der Zeitung "Asahi" wollen 42 Prozent der Japaner bei der Neuwahl, die am 30. August stattfindet, für die oppositionelle Demokratische Partei (DPJ) stimmen. Für die regierenden Liberaldemokraten (LDP) würden sich nur 19 Prozent entscheiden. Der Trend war zuletzt so stabil, dass in der DPJ schon Champagnerlaune herrscht. "Wir sollten diese Wahl als eine historische Mission wahrnehmen", jubelte ihr Vorsitzender Yukio Hatoyama. Dagegen stellen sich weite Teile der LDP resigniert auf eine Niederlage ein. Die Partei regiert seit 1955 und musste die Macht nur ein einziges Mal - 1993/94- für zehn Monate abgeben. Hauptursache für die Wechselstimmung ist der Niedergang der Liberaldemokraten. Sie haben innerhalb von drei Jahren vier Vorsitzende und Premierminister erlebt und sind in heftige Grabenkämpfe verstrickt. Nur mit Mühe konnte der laut Umfragen beim Volk sehr unbeliebte Aso in den vergangenen Tagen seine Absetzung aus den eigenen Reihen verhindern.
Versagen eingeräumt
Offen kritisierten LDP-Schwergewichte die Entscheidung des 68-Jährigen, das Parlament vor Ablauf der Legislaturperiode Mitte September aufzulösen. "Diese Wahl kommt zum schlimmstmöglichen Zeitpunkt", beschwerte sich Verkehrsminister Kazuyoshi Kaneko. "Die Parteiführung lässt jede Steuerungsfähigkeit vermissen", klagte Arbeitsminister Yoichi Masuzoe. Zwar entschuldigte sich Aso für sein "bisheriges Versagen". Aber er sehe es als seine Pflicht an, im Amt zu bleiben, bis sich die Wirtschaft erholt habe.
Zudem bietet die Opposition anders als in der Vergangenheit eine klare inhaltliche Alternative zur Staatspartei LDP. In der Wirtschaftspolitik will die DPJ sich weniger nach den Interessen der exportorientierten Großindustrie richten und mehr um die Verbraucher kümmern. Deren verfügbares Einkommen soll durch ein hohes Kindergeld und die Abschaffung der Schul- und Autobahngebühren steigen. Auch die schlecht bezahlten und fast rechtlosen Zeitarbeiter, die inzwischen ein Drittel der Jobs machen, will die DPJ besser schützen und absichern.
Neue Klimapolitik
In der Klimapolitik verspricht die Opposition mit einer Verringerung der Treibhausgase um ein Viertel gegenüber 1990 ein weit schärferes Vorgehen als die Regierung Aso. Außerdem will die DPJ den Einfluss der Beamten auf den Regierungskurs schwächen. Angesichts der hohen Kosten dieser Politik warnten Wirtschaftsexperten vor steigenden Zinsen und einer Aufwertung des Yen. Doch an der Börse boomen die Aktien von Firmen, die Dienste und Produkte für Babys, Kinder und junge Familien anbieten.