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Japans Eiertanz um US-Freihandel

Von WZ-Korrespondentin Sonja Blaschke

Wirtschaft

Premier Abe benötigt Washingtons Hilfe, riskiert aber Wahlen im Juli.


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Tokio/Washington. Als Gastgeschenk hatte Japans Premier Shinzo Abe einen hochwertigen Füller aus der japanischen Kleinstadt Obama im Gepäck: Abe startete am Freitag, zwei Monate nach seinem Amtsantritt, seinen USA-Besuch, um sich dort mit US-Präsident Barack Obama auszutauschen.

Die wichtigsten Themen: die bilaterale Sicherheitsallianz, der Territorialstreit mit China, Nordkoreas Atomtest, die Auswirkung von Abes Wirtschaftspolitik auf die Wechselkurse und - für die japanische Bevölkerung am wichtigsten - die Frage, ob das Land einem von den USA geführten Freihandelsabkommen beitritt. Die "Transpazifische Partnerschaft" (TPP), wie das Bündnis genannt wird, ermöglicht den USA, Kanada, Mexiko, Chile, Peru, Singapur, Vietnam, Malaysia, Brunei, Australien und Neuseeland, Güter zu handeln, ohne dass Zölle anfallen; weitere Hemmnisse wie Ein- und Ausfuhrverbote werden abgeschafft. Die USA hoffen, bis zum erwarteten Verhandlungsabschluss Ende des Jahres mit Japan die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt ins Boot zu holen.

Seit mindestens 2011 haben Japans Politiker das innenpolitisch sehr sensible Thema immer wieder andiskutiert - bisher ergebnislos. Die jährlichen Premierministerwechsel verzögerten die Debatte weiter.

Abes Spagat zwischen Bauern und Industrie

Abe, der 2006 die Serie der "einjährigen" Premierminister anstieß, muss nun vorsichtig vorgehen. Seine Liberaldemokratische Partei hängt von den Bauernverbänden ab, die aufgrund des Wahlsystems, das ländliche Gebiete bevorzugt, überproportional einflussreich sind. Abe braucht ihre Stimmen, um die Oberhauswahlen im Juli zu gewinnen. Die Bauernverbände lehnen das TPP jedoch strikt ab. Sie befürchten den Todesstoß für die stark subventionierte Landwirtschaft, die durch den Atomunfall von Fukushima einen schweren Schlag erlitt. Nachdem er sich lange bewusst mit eindeutigen Aussagen zurückhielt, will Abe - wohl auch auf Druck der USA - bereits kommende Woche Klartext reden.

Gleichzeitig darf Abe nicht die Industrie verprellen. Lehnte Japan das TPP ab, wäre ihm ein Aufschrei von Japans wichtigstem Wirtschaftslobbyverband Keidanren gewiss. Jener forderte von der Regierung, "die Teilnahme an den Verhandlungen zu beschleunigen Ergebnisse zu erzielen, das nationalen Interessen entspricht". Weitere Freihandelsabkommen, etwa mit der EU, seien wünschenswert.

Abe erhofft sich die Zustimmung der USA zu seiner als "Abenomics" bekannten Wirtschaftspolitik, die eine starke Lockerung der Geldpolitik meint. Dadurch verlor der vorher historisch starke Yen an Wert - so sehr, dass Abe international die Absicht unterstellt wurde, einen Währungskrieg anzufachen.

Thema des Treffens waren auch die Spannungen zwischen Japan und China wegen einer unbewohnten Inselgruppe im Ostchinesischen Meer und der jüngste nordkoreanische Atomtest. Diesbezüglich richteten Obama und Abe eine deutliche Warnung an Pjöngjang: Angesichts der Provokationen seien beide Länder zu "starkem Handeln" bereit.