Renho Murata sorgt als halbe Taiwanesin für Schlagzeilen.
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Renho Murata ist eine Frau und halbe Taiwanesin. Als solche hat sie in Japan etwas Außergewöhnliches geschafft: Sie wurde am Donnerstag zur neuen Chefin der Oppositionspartei DPJ gekürt. Frauen sind nämlich in der japanischen Spitzenpolitik so etwas wie eine bedrohte Spezies. Ihr Anteil im Unterhaus des Parlaments liegt bei zehn Prozent und im Oberhaus bei zwanzig Prozent (zum Vergleich: im österreichischen Nationalrat stellen sie 30 Prozent, im Bundesrat 31 Prozent). Auch Ausländer haben im Land der aufgehenden Sonne Seltenheitswert. Sie stellen gerade einmal zwei Prozent der Bevölkerung (in Österreich sind es knapp 15 Prozent). Selbst wenn ein Elternteil japanisch ist und man die japanische Staatsbürgerschaft hat, ist man oftmals noch lange nicht in der japanischen Gesellschaft angekommen. Hafu nennt man dort solche Menschen, Halblinge (vom Englischen half - halb), also keine richtigen Japaner. Obwohl sie in Tokio geboren wurde und dort aufwuchs, war es für Renho Murata erst 1985, im Alter von 17 Jahren, möglich, die japanische Staatsbürgerschaft zu erhalten. Und das auch nur dank einer Gesetzesänderung, denn bis dahin konnten Kinder nur dann die japanische Staatsbürgerschaft erlangen, wenn der Vater Japaner war. Der ist in Renhos Fall aber ein Taiwanese, der eine Japanerin geheiratet hat. Doch all diese Hindernisse haben Murata nicht davon abhalten können, ihren Weg nach oben zu machen. Lange Zeit war sie hauptberuflich schön. Sie war Model und posierte für Werbungen und Zeitschriften in Bikinis und das auch schon einmal ohne Top. Murata ist jedoch auch eloquent und Juristin und so schaffte sie den Sprung ins Fernsehen. Für die Sender TBS und TV Asahi arbeitete sie viele Jahre als Moderatorin und brachte es so zu nationaler Bekanntheit. Schließlich wechselte sie in die Politik. Bei den Parlamentswahlen von 2004 schaffte sie es, als Repräsentantin von Tokio ins Oberhaus einzuziehen. Ein Erfolg, den sie bei den Wahlen 2010 geradezu triumphal wiederholte: Mit mehr als 1,7 Millionen Stimmen und somit dem höchsten Stimmenanteil wurde sie als Abgeordnete wiedergewählt. Ihren taiwanesischen Background hat sie jedoch bis heute nicht abschütteln können. Das liegt nicht nur daran, dass sie Japans Kurs gegenüber China als "zu höflich" bezeichnet, zumal wenn es darum geht, Taiwan anzuerkennen. Auch nach ihrer Wahl zur DPJ-Chefin sorgte ihre taiwanesische Hälfte für Schlagzeilen. Ihr wurde nämlich vorgeworfen, dass sie nach wie vor im Besitz der taiwanesischen Staatsbürgerschaft sei - und Doppelstaatsbürgerschaften sind in Japan verboten, wenn auch nicht strafbar. Ganz abgesehen davon, dass sich sofort Sorge um Interessenskonflikte breitmachte, etwa wenn es um die Senkaku-Inseln geht, die Japan, China und Taiwan für sich beanspruchen. Nachdem Murata zuerst bestritt, noch Taiwanesin zu sein, räumte sie später ein, dass offenbar damals, als sie Japanerin wurde, etwas bei der Zurücklegung der taiwanesischen Staatsbürgerschaft schiefgelaufen sei. Etwas, was sie nun vehement erklärte in Ordnung bringen zu wollen. Trotzdem ist sie wohl ein Zeichen dafür, dass sich die Zeiten für Ausländer und für Frauen in Japans Politik wandeln.