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Im Kampf gegen den Publikumsschwund setzt der Leichtathletik-Weltverband auf ungewöhnliche Maßnahmen: Bei den kommenden Weltmeisterschaften bekommt jeder zahlende Zuschauer sein Weltrekord-Ticket; soll heißen: Die Eintrittspreise bei den Titelkämpfen werden an die geltenden Bestmarken über 100 Meter, 100 Meter Hürden, 400 Meter Hürden und im Dreisprung angelehnt. Für eine Kinderkarte müsste man aktuell also etwa 9,58 Pfund zahlen, weil der Weltrekord von Usain Bolt bei 9,58 Sekunden steht, die Karten für die nächsthöheren Kategorien für die Wettkämpfe im Olympia-Stadion von London 2012 wären demnach mit 12,91 Pfund, 18,29 Pfund und 52,74 Pfund angesetzt. Neue Weltrekorde bis dahin könnten demnach auch den Zuschauern zugutekommen - eine in Zeiten ständig steigender Preise in anderen Sportarten, besonders im Fußball, durchaus interessante Initiative. Doch ob sie dazu führt, dass sich mehr Menschen für die Leichtathletik begeistern, ist fraglich. Denn die olympische Kernsportart steckt in einer der hartnäckigsten Krisen ihrer Geschichte. Zum einen hat sie es mit ihrer Vielzahl an Bewerben ohnehin schwer, sich jenseits von Olympia und Weltmeisterschaften im Fernsehen zu behaupten, zum anderen haben die Enthüllungen über Doping, Vertuschung seitens der Politik und Korruption bis in die oberste Riege des Weltverbandes - dem zurückgetretenen Langzeitpräsidenten Lamine Diack wird von der französischen Justiz Bestechlichkeit vorgeworfen - potenziellen Fans und Sponsoren die Freude am Hüpfen, Laufen und Werfen vergällt. Angesichts der darob herrschenden Skepsis wird man sich auch nach dem nächsten Rekord nicht in erster Linie die Frage stellen, ob die Tickets nun ein paar Cent billiger werden.