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Der Rechnungshof bemängelt die hohe Zahl jener, die nach dem Medizinstudium nicht Arzt in Österreich werden.
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Österreich bildet zu viele Ärzte an den Universitäten um viel Geld für das Ausland aus. Jene Kritiker, die das seit langem beklagen, erhalten jetzt durch den Rechnungshof gehörig Auftrieb. Die Drop-Out-Rate jener, die nach einem Studienabschluss in Medizin den Arztberuf nicht in Österreich ausüben oder einen anderen Beruf wählen, liegt demnach bei 31 Prozent, also bei rund einem Drittel. Deswegen schlägt das Kontrollorgan jetzt Alarm und fordert in seinem jüngsten Bericht Wissenschafts- und Gesundheitsministerium zu Maßnahmen für eine Trendumkehr auf.
Der aufsehenerregende am Freitag vorgelegte Bericht des Rechnungshofes wurde nach einem Beschluss des Nationalrates erarbeitet. Erst vor gut zwei Wochen haben der damals noch im Amt befindliche Bundeskanzler Alexander Schallenberg und der damalige Wissenschaftsminister Heinz Fassmann eine neue Vereinbarung vorgelegt, wonach die Zahl der Medizinstudienplätze von bisher 1800 schrittweise bis 2028 um insgesamt 200 Plätze an den Medizin-Universitäten in Wien, Graz, Innsbruck und der Fakultät in Linz aufgestockt wird.
Kritiker haben das sofort als zu niedrig bewertet. Sozialversicherungsobmann Andreas Huss schlägt seit längerem eine Landarztquote vor, es soll demnach eine Förderung für Allgemeinmediziner geben, die sich für eine bestimmte Zeit für eine Ordination am Land entscheiden. Die Gesundheitslandesräte der Bundesländer haben erst vor wenigen Wochen die Forderung nach einer Verdoppelung der 1800 Studienplätze für Mediziner, um die sich jedes Jahr mehr als 15.000 Bewerber bei Aufnahmetests drängen, zu verdoppeln. Dies auch, weil viele Medizinabsolventen teils wegen der höheren Bezahlung ins Ausland gehen.
Der Rechnungshof hat bei seiner Prüfung die Jahre 2009 bis 2019 unter die Lupe genommen. Eines der Ergebnisse: nur 69 Prozent der Absolventinnen und Absolventen eines Medizinstudiums waren zur Zeit der Untersuchung auch ärztlich tätig. Wörtlich heißt es im Prüfbericht weiter: "Der Zustrom von Absolventinnen und Absolventen ausländischer Universitäten konnte im überprüften Zeitraum teilweise kompensieren, dass 31 Prozent der Absolventinnen und Absolventen österreichischer Universitäten für die ärztliche Versorgung nicht zur Verfügung standen."
Bis zu 524.000 Euro für Ausbildung
Tatsächlich geht laut Rechnungshof ärztliches Potenzial von 20 Prozent verloren. Dies erfolge vor dem Hintergrund, dass Österreich je Absolvent bis zu 524.000 Euro für dessen Ausbildung ausgebe, wird hervorgestrichen.
Das Kontrollorgan fordert den neuen Wissenschaftsminister Martin Polaschek, der im Zuge der ÖVP-Regierungsumbildung eben von der Universität Graz ins Ressort am Wiener Minoritenplatz übersiedelt ist, Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) und die Medizinuniversitäten auf, dagegen aktiv zu werden. Man solle die Zahlen "im Hinblick auf die Sicherstellung des Ärztenachwuchses evaluieren", wird empfohlen.
Bedarf viel höher als geschätzt
Grundlage für die Ausbildungsstellen von Allgemeinmedizinern waren die von der Ärzteausbildungskommission erfolgten geschätzten Pensionierungen. Tatsächlich waren aber, wie der Rechnungshof feststellte, die Austritte aus der Ärzteliste wesentlich höher als die Schätzungen der Kommission für die Jahre 2017 und 2018. In Wien war laut Rechnungshof die Zahl der Austritte tatsächlich um 621 (!!!) Prozent höher, in der Steiermark um 211 Prozent und im Burgenland um 250 Prozent.
Darüber hinaus wiesen die Prüfer darauf hin, dass weitere Einflussfaktoren auf den Bedarf an Medizinabsolventen "nicht berücksichtigt" wurden. Dazu zählt Teilzeit, die auch im Arztberuf häufiger wird; neue Versorgungsmodelle wie Primärversorgungseinrichtungen, die von der Bundesregierung vorangetrieben werden, sowie die Nachfrage nach ärztlichen Leistungen. Im Klartext bedeutet dies, dass der Bedarf an Nachwuchs deutlich zu niedrig eingeschätzt wurde.