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Jeder gegen jeden im Match um die billigste Währung

Von Stefan Melichar

Wirtschaft
Euro und US-Dollar haben heftige Kursschwankungen hinter sich. Foto: bilderbox

Japan läutet mit Nullzins neue Runde gegen US-Dollar ein. | Abwärtsspirale könnte zulasten der Eurozone gehen. | Banken fordern globale Koordination. | Wien. So prominent der vielzitierte Währungsstreit zwischen den USA, Europa und China auch sein mag, nun hat der Wettlauf um den günstigsten Wechselkurs endgültig globale Dimensionen erreicht.


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In einem symbolischen Schritt senkte am Dienstag die japanische Zentralbank ihren Leitzins von 0,1 Prozent auf eine Bandbreite von 0,0 bis 0,1 Prozent. Damit hat sie eine neue Runde im Kampf um die billigste Währung eingeläutet.

Gerade für Exportnationen - oder für Länder, die zu solchen werden wollen - gibt es kaum eine günstigere Konjunkturhilfe als eine Währungsabwertung. Bestes Beispiel hierfür ist Österreich: Angesichts der Euro-Schwächung im heurigen Frühjahr hielt die Industriellenvereinigung für 2010 und 2011 schon ein zusätzliches Wirtschaftswachstum von - kumuliert - 0,75 Prozent für möglich.

Bei einer Abwertung der Heimatwährung sind Einnahmen in der - im Gegenzug - aufgewerteten Währung (zum Beispiel dem US-Dollar) nämlich automatisch mehr wert. Dies steigert die Gewinne und erlaubt es den Unternehmen, ihre Produkte im fremden Währungsraum günstiger anzubieten, wodurch sie ihre Wettbewerbssituation verbessern.

Nun, für Österreich ist dieser Traum vorerst wieder geplatzt: Der Euro-Dollar-Kurs ist seit Anfang Juni um 16 Prozent gestiegen. Die Industriellenvereinigung rechnet deshalb für das kommende Jahr mit keinerlei positivem Effekt für das heimische Wirtschaftswachstum mehr.

Notenbanken kreativ

Global betrachtet nimmt der Wettlauf um die billigste Währung nun jedoch erst richtig an Fahrt auf. Kein Wunder: Die Staaten haben kein Geld mehr für neue Konjunkturhilfen und scheuen schmerzliche Reformen zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit.

Grund für den eingangs erwähnten Zinsschritt der japanischen Notenbank ist es, Investments in Yen weniger attraktiv zu machen als solche in US-Dollar. Je weniger eine Währung nachgefragt wird, umso eher sinkt deren Wert und damit auch der Wechselkurs. Auch Australien spielt im Währungsmatch mit: Statt den Leitzins wie erwartet auf 4,75 Prozent anzuheben, um damit die Inflation einzudämmen, beließ die australische Notenbank am Dienstag den Zins vorerst bei 4,5 Prozent.

Dadurch, dass viele Zentralbanken mit ihren Leitzinsen bereits auf einem kaum noch zu unterbietenden Niveau angekommen sind, setzen sie andere Schritte, die die Währung schwächen. Japans Notenbank erklärte am Dienstag, durch den Kauf japanischer Staatsanleihen und anderer Wertpapiere 60 Milliarden Dollar in den Finanzkreislauf pumpen zu wollen. Die US-Notenbank Fed hat zuletzt ebenfalls die Bereitschaft zu neuen derartigen Maßnahmen durchklingen lassen. All dies wird an den Märkten als Zeichen für anhaltende Wirtschaftsprobleme gedeutet und schwächt die jeweilige Währung.

Südamerika betroffen

Leidtragende könnten die Exporteure der Eurozone sein: Raiffeisen-Analyst Jörg Angelé sieht die Möglichkeit, dass die Europäische Zentralbank am Abwertungswettlauf nicht teilnimmt. Betroffen ist jedoch auch Südamerika. Brasilien wehrt sich mit einer Steuer auf ausländische Investitionen gegen eine weitere Aufwertung des Real. Kolumbien, Chile und Peru planen Dollar-Käufe, um den Wechselkurs durch diese zusätzliche Nachfrage zu ihren Gunsten zu beeinflussen.

Dies alles gibt Anlass zur Sorge: Der Internationale Bankenverband IIF fordert, dass sich ein globales Gremium im Vorfeld des G20-Gipfels im November mit Währungsfragen befassen soll.