Ali Mahlodji war ein Flüchtlingskind, das sich in Österreich hochgearbeitet hat.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 12 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Wien. Mit zwei Jahren war Ali Mahlodji ein Flüchtlingskind, mit 18 Jahren Schulabbrecher. Heute ist er 30, hat 40 Jobs hinter sich und hilft anderen dabei, ihre Berufsziele zu finden. Er schuf die Internetplattform whatchado, auf der Personen in maximal fünf Minuten langen Videoclips über sich und ihre Arbeit reden. "Es ist ein Format, das Jugendliche konsumieren und verstehen: kurz und knackig", erzählt Mahlodji. Und: "Wir zeigen den Leuten, welche Menschen so ticken wie sie."
Whatchado wurde im Sommer gegründet. Mittlerweile gibt es dort 250 Videos, in denen Prominente wie Lehrlinge quer durch alle Berufsgruppen erzählen, wie und warum sie dorthin kamen, wo sie heute sind. Sieben Fragen werden ihnen gestellt, wie "Wie schaut Dein Werdegang aus?", "Was ist das Coolste an Deinem Job?" oder "Welche Einschränkungen bringt er mit sich?". Whatchado hat - ohne Werbung - monatlich rund 20.000 Zugriffe, im Schnitt verweilt jeder 22 Minuten auf der Webseite. "Authentizität ist für mich das Wichtigste", betont Mahlodji, der auch whatchado-Geschäftsführer ist. Es gelte, "die Tätigkeit zu finden, die einem Spaß macht".
Als Mahlodji noch in der Schule war, haben viele zu ihm gesagt: Du musst bereits jetzt wissen, was Du später machen wirst. "Meine Antwort war: Wie soll ich jetzt wissen, was ich später mache? Ich weiß ja noch nicht, was es gibt." Die HTL hat er ein halbes Jahr vor dem Abschluss abgebrochen, weil er nicht im Bauwesen arbeiten wollte. "Schon damals dachte ich, es wäre super, wenn es ein Buch gibt, in dem Leute erzählen, was sie tun und warum."
Bevor er seine Weiterbildung im Software Engineering und ein FH-Studium absolvierte, hat er bei McDonalds den Boden geputzt, im Cineplex-Kino die Karten gezwickt und auf der Baustelle gearbeitet. "Ich wollte herausfinden, was ich nicht machen wollte. Deshalb habe ich alles durchprobiert." Anfang März - gerade erst 29 Jahre alt - wurde Mahlodji Projektmanager und Kundenberater bei der Agentur Super-Fi. Seinem neuen Arbeitgeber stellte er die Idee zu whatchado vor und konnte so mit der Unterstützung von Super-Fi das Projekt auch umsetzen. Am Donnerstag wurde whatchado als Gesmbh gegründet. Einnahmen macht whatchado über eigene Business-Pages für Mac Donald’s, Bipa und A1.
Mahlodji sieht sich als Europäer, der von der Nationalität her Österreicher ist. "Ich liebe dieses tolle Land. Es gibt hier viele Hürden, aber du kannst alles schaffen", ist er heute überzeugt. Das war nicht immer so.
"Warum sind wir geflohen?"
Er war zwei Jahre alt, als seine Eltern aus dem Iran geflohen sind, weil ihnen nach ihrer Teilnahme an einer Demonstration gegen das Regime die Todesstrafe drohte. "Traiskirchen war eine Katastrophe", erinnert sich Mahlodji. Mit zehn Jahren hatten sie bereits in 13 Wohnungen gewohnt. "Wir sind von einem Drecksloch zum nächsten übersiedelt."
Beide Eltern hatten im Iran hohe Posten in einer Telekommunikationsfirma. Nun musste sein Vater beim Metro Flaschen einschichten, seine Mutter arbeitete als Putzfrau. "Mein Vater ist an der Flucht zerbrochen", erzählt er. Seine Mutter konnte sich hingegen als Sozialarbeiterin etablieren. "Ich habe beides erlebt: Wie man an den Hürden hier zerbricht, und wie man daraus neue Kraft schöpfen kann."
"Früher habe ich mich oft gefragt: Warum sind wir geflohen? Wir hätten im Iran so gut leben können", erzählt Ali Mahlodji. "Heute weiß ich: Die Flucht war die größte Chance, die ich je gekriegt habe. Ich bekam die Möglichkeit, die wirklich wichtigen Dinge kennenzulernen. Wie gut, dass meine Eltern für ihr Ideal ihr Leben geändert haben. Der Leidensweg hat mir gezeigt: Ich bin dafür verantwortlich, dass ich glücklich bin."
Im Rückblick meint Mahlodji: "Es ist am Anfang sicher nicht leicht, aber wenn du diese Hürden geschafft hast, hast du nachher viele Chancen."