Es sei aus umwelt- und wirtschaftspolitischer Sicht generell falsch, Bahnlinien zuerst einzustellen und dann die betroffenen Gebietskörperschaften zu fragen, ob sie allenfalls die Kosten für den Weiterbestand der Bahn übernehmen wollten. In der Zwischenzeit sei nämlich die Wirtschaft gezwungen, den Gütertransport auf die Straße zu verlagern.
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Diese Aussagen stammen nicht von einer Bürgerinitiative, sondern von einem namhaften Landespolitiker. Und die Stellungnahme wurde nicht im Zuge der jüngsten Nebenbahndebatte abgegeben; sie datiert vielmehr aus dem Jahr 1992, getätigt wurde sie vom damaligen niederösterreichi-schen Landeshauptmann-stellvertreter. Der Vize hieß Erwin Pröll und ist heute Landeschef. Aber man sollte nicht an einzelnen Namen kleben bleiben. Denn bis zu einem gewissen Grad wird wohl jeder Landespolitiker den Ausbau oder zumindest die Erhaltung der Verkehrsinfrastruktur seiner Region verlangen.
90 Prozent des Schienenverkehrs seien auf 60 Prozent aller Bahnstrecken konzentriert, man wolle mit den Gebietskörperschaften (Bund, Ländern und Gemeinden) über die restlichen 40 Prozent der Strecken verhandeln, sagte ein Bahn-Experte - allerdings nicht in der aktuellen Nebenbahndiskussion, sondern schon im Jahr 2005.
Und es war kein Autodidakt, der die Neuigkeit verkündete; die Aussage kam von Peter Klugar - damals im Management der ÖBB-Betrieb-Gesellschaft, heute Chef des ÖBB-Konzerns. Offiziell sprach Klugar nur von der Verkürzung von Betriebszeiten und von der Möglichkeit steigender Zuschüsse der öffentlichen Hand. Er sagte vor mehr als vier Jahren aber auch, dass die ÖBB für jede ihrer rund 200 Teilstrecken eine Erfolgs- und Verlustrechnung aufgestellt hätten - offenbar um die Länder mit den Ergebnissen zu konfrontieren.
Das Nebenbahnen-Schließungspapier des Beratungsunternehmens Roland Berger, das seit einigen Tagen für Aufregung sorgt, ist ebenfalls eine betriebswirtschaftliche Analyse aller ÖBB-Strecken und dürfte sich entlang jener Linien bewegen, die Klugar schon 2005 im Sinn hatte.
Ebenfalls 2005 warnte der seinerzeitige ÖBB-Chef Martin Huber vor überzogenen Einsparungserwartungen bei den Nebenbahnen. Die Rede war von 20 Millionen Euro. In Anbetracht dessen, dass sich die Regierungsspitzen zuletzt nicht einmal einigen konnten, wie viele Milliarden die Bahn die Steuerzahler pro Jahr kostet, scheinen 20 Millionen fürwahr eine geringe Summe.
Siehe auch:ÖBB wollen Debatte um Nebenbahnen beruhigen