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Jerusalem: 50-mal belagert, 36-mal erobert, 10-mal zerstört

Von Harald Krachler

Politik

Jerusalem - Jerusalem als heilige Stadt dreier monotheistischer Religionen - des Judentums, Christentums und des Islam - ist weltweit die heilige Stadt schlechthin. Ihr hebräischer Name Jerushalajim bedeutet "Stadt des Friedens", aber die Stadt ist seit urdenklichen Zeiten umkämpft gewesen. Mehr als 50-mal wurde Jerusalem im Verlauf seiner Geschichte belagert, 36-mal erobert und 10-mal zerstört.


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Der Ursprung Jerusalems und die erste Besiedlung des Ortes verliert sich im Dunkel vorgeschichtlicher Zeit. In der schriftlich belegten Geschichte taucht die Stadt erstmals um 1900 v. Chr. in ägyptischen Urkunden auf. Die Bibel erwähnt sie vermutlich unter dem Namen Salem.

Um 1000 v. Chr. eroberte König David die Stadt und machte sie zu seiner Hauptstadt. Sein Sohn Salomon baute einen Palast und den berühmten Tempel (968-960 v. Chr.). Nach seinem Tod verlor Jerusalem durch die Reichsteilung und Thronstreitigkeiten an Ansehen und Bedeutung. Wenige Jahre nach Salomons Tod wurde die Stadt erstmals von den Ägyptern unter Pharao Sisak geplündert. 701 v. Chr. konnte Jerusalem den Zugriff des Assyrerkönigs Sanherib abwehren, doch nahmen die Assyrer 639 Jerusalem ein. 597 v. Chr. belagerte und eroberte der Babylonier-König Nebukadnezar die Stadt, die nach einem Aufstand der Juden 587 samt dem Tempel von den Babyloniern zerstört wurde.

Der Perserkönig Kyros erlaubte nach seinem Sieg über Babylon den verbannten Juden die Rückkehr nach Jerusalem. Zwischen 520 und 516 wurde der Tempel wiederaufgebaut.

Aus dem persischen Protektorat gelangte Jerusalem 332 v. Chr. unter die Macht Alexanders des Grossen. Nach dessen Tod 323 war Palästina und damit Jerusalem lange Zeit Zankapfel der Diadochen von Ägypten (Ptolemäer) und Syrien (Seleukiden). Über 100 Jahre lang gehörte es den Ptolemäern, 198 eroberten die Seleukiden Jerusalem. Antiochus IV. Epiphanes ließ die Mauern Jerusalems schleifen und schändete den Tempel durch heidnische Opfer. Dadurch wurde 167 v. Chr. der Aufstand der Makkabäer heraufbeschworen. Judas Makkabäus nahm 165 die Stadt ein, ein Jahr später wurde der Tempel neu geweiht und der Tempelberg befestigt. Rund ein Jahrhundert war Jerusalem nun von Fremdherrschaft frei.

Thronstreitigkeiten unter den Juden veranlassten die Intervention der Römer. 63 v. Chr. nahm Pompejus Jerusalem nach dreimonatiger Belagerung ein. 66 n. Chr. brach ein jüdischer Aufstand aus, der 70 n. Chr. mit der neuerlichen Zerstörung von Jerusalem und des Tempels endete. Kaiser Hadrians Plan, Jerusalem als heidnische Stadt wieder aufzubauen, löste den letzte vergeblichen Aufstand der Juden gegen die Römer aus (132-35).

Jerusalems erste Christengemeinde war um 68 nach Pella im Ostjordanland geflohen. Unter Konstantin d. Gr. wurde Jerusalem, wie es jetzt wieder genannt wurde, eine christliche Stadt. 614 erfolgte eine schwere Plünderung der Stadt durch die Perser unter König Chosroes II., erst 628 konnte der byzantinische Kaiser Heraklios Jerusalem zurückerobern.

637 wurde Jerusalem von Kalif Omar ibn al-Khattab erobert und unter dem Namen El Kuds (die Heilige) bzw. Beit el Makdis (Ort des Heiligtums) dem aufblühenden arabischen Weltreich eingegliedert. Kurz vor 700 begann der Omajaden-Kalif Abd el Malik ibn Marwan mit dem Bau des Felsendomes an der Stelle des einstigen Tempels. 1072 eroberten die türkischen Seldschuken das inzwischen in die Hände der in Kairo herrschenden Fatimiden-Kalifen gefallene Jerusalem, 1098 gelang den Fatimiden die Rückeroberung. Nur ein Jahr später, 1099, eroberten fränkische Ritter unter Gottfried von Bouillon Jerusalem, das Mittelpunkt eines christlichen Königreiches wurde, bis 1187 Sultan Saladin es den Christen wieder entriss. 1229 gewann Kaiser Friedrich II. durch geschickte Diplomatie Jerusalem wieder für die Christen (bis 1244). Von da an bis 1917 stand Jerusalem ohne Unterbrechung unter der Herrschaft des Islam.

Das 1517 von den Osmanen unter Sultan Selim I. eingenommene Jerusalem wurde im Ersten Weltkrieg am 9. Dezember 1917 von britischen Kolonialtruppen erobert und gehörte seit 1920 zum britischen Mandatsgebiet Palästina.

Am 29. November 1947 sprach sich die UNO-Generalversammlung für die Teilung Palästinas in einen jüdischen und arabischen Staat aus, Jerusalem als heilige Stadt dreier Religionen sollte gemeinsam mit Bethlehem einem besonderen internationalen Regime der UNO unterstellt werden. Infolge des ersten Nahostkrieges 1948-49 kam es nicht zur Verwirklichung dieses Projektes. Durch die Grenzziehung nach diesem Krieg kam die Altstadt Jerusalems zu Jordanien, die Neustadt im Norden, Westen und Südwesten zu dem im Mai 1948 ausgerufenen Staat Israel. Im Jänner 1950 erklärte Israel Jerusalem zu seiner Hauptstadt, Jordanien verleibte sich im April desselben Jahres den arabischen Teil der Stadt definitiv ein. Im Sechstagekrieg im Juni 1967 eroberten die Israelis die Altstadt und die arabischen Vororte von Jerusalem. 1980 verabschiedete die Knesset, das israelische Parlament ein Sondergesetz, das ganz Jerusalem zur "unteilbaren Hauptstadt" Israels erklärte. Völkerrechtlich wurde dies nie anerkannt.