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Jerusalem nicht "internationalisierbar"

Von Ines Scholz

Politik

Jerusalem - Die Nahost-Verhandlungen treten trotz massiven Zeitdrucks weiter auf der Stelle, nachdem Israels Außenminister Shlomo Ben Ami den Vorstoß der Palästinenser für eine Internationalisierung Jerusalems als Übergangslösung im Streit um den Status der Stadt zurückgewiesen hat.


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Diese Kompromisslösung hatte der palästinensische Parlamentspräsident Ahmed Korei am Dienstag in einer Rede vor dem Europaparlament in Straßburg vorgebracht. Damit brachte er als erster palästinensischer und arabischer Politiker eine Internationalisierung Jerusalems ins Spiel. "Bis wir eine Einigung über Jerusalem erzielen, sollten wir beide Teile Jerusalems - Ost und West - in einem vereinigten internationalen Jerusalem zusammenfassen ... nicht nur als Hauptstadt Israels oder Palästinas, sondern als Hauptstadt der Welt", sagte Korei wörtlich.

So etwas wie eine internationale Stadt komme für Jerusalem nicht in Frage, konterte Minister Ben Ami gegenüber Journalisten noch am selben Tag. Und das Büro von Ministerpräsident Ehud Barak ließ verlautbaren, die Palästinenserführung müsse einen realistischeren Standpunkt einnehmen.

Auch in der Frage der Staatsproklamation signalisiert die PLO-Führung Flexibilität. Laut Salim Sanun, dem Vorsitzenden des Palästinensischen Zentralrats (PZR), wird Palästinenser-Präsident Yasser Arafat die ursprünglich für den 13. September geplante Proklamation eines unabhängigen Staats auf den 15. November verschieben. Allerdings müsse Israel bereit sein, größere Teile der bisher besetzten Gebiete im Westjordanland an die Palästinenser zu übergeben, fügte er hinzu.

Mit einer Verschiebung des Termins, der am Wochenende im PLO-Zentralrat abgesegnet werden soll, war bereits gerechnet worden, nachdem nun sogar Europa klar gestellt hatte, dass es eine einseitige Staatsproklamation nicht goutiere. Israel hatte unmissverständlich angedroht, sogar Teile der geräumten Gebiete wieder zu besetzen, sollte Arafat den Palästinenserstaat (mit Hauptstadt Jerusalem) ohne vorhergehendes Friedensabkommen proklamieren.

Die Fronten zu entschärfen und doch noch, zumindest bis Mitte Oktober, einen Friedensvertrag zustande zu bringen, darum bemühte sich am Mittwoch auch US-Präsident Clinton. Er sprach am Rande des UNO-Milleniumsgipfel in New York mit Barak und Arafat. Auch eine direkte Begegnung Barak-Arafat war angedeutet worden. Ebenfalls um Vermittlung bemüht war Jordaniens König Abdullah, der in New York einen neuen Nahost-Gipfel urgierte. Arafat steht in der Jerusalem-Frage, dem Angelpunkt des Friedensabkommens, nicht nur unter Druck aus den eigenen Reihen, sondern auch aus Teilen der arabischen Welt. Ein zu weit reichender Kompromiss käme für die Falken einem Verrat gleich. Arafats Tage wären gezählt.