Verhärtete Positionen von Israelis und Palästinensern. | Kommentatoren in Israel warnen vor verschärfter Krise. | TelAviv. (dpa) US-Außenministerin Condoleezza Rice muss während ihrer für Anfang kommender Woche geplanten Reise in den Nahen Osten versuchen, ganz große Hindernisse aus dem Weg zu räumen. Rice soll den Konfliktparteien helfen, eine gemeinsame Plattform für die von der US-Regierung organisierte Nahost-Konferenz zu finden, die voraussichtlich Ende November in Annapolis im US-Staat Maryland stattfinden soll. Derzeit liegen die Positionen von Israelis und Palästinensern noch meilenweit auseinander.
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"Wenn Frieden in Annapolis ausbricht, fresse ich meinen Hut", schrieb Yoel Marcus in der israelischen Tageszeitung "Haaretz". Andere Kommentatoren raten, die Konferenz besser gleich abzusagen oder sich schon vor Beginn innerlich auf die ganz große Krise einzustellen. Eines steht wohl bereits vor der Nahost-Visite von Rice fest: In der Jerusalem-Frage, einem Kernproblem des Konflikts, wird sie bei den Israelis auf Granit beißen. Ministerpräsident Ehud Olmert will das besonders strittige Thema in Annapolis überhaupt nicht ansprechen, sondern erst bei Friedensgesprächen mit den Palästinensern im kommenden Jahr aufgreifen. Die pro-westlichen arabischen Staaten Saudi-Arabien, Jordanien und Ägypten fordern aber, dass auf der Konferenz auch über Jerusalem gesprochen wird.
Seit Tagen führt die israelische Öffentlichkeit eine erbitterte Grundsatzdebatte über Jerusalem. Eine Mehrheit lehnt dabei nach einer neuen Umfrage der Tageszeitung "Yedioth Ahronoth" zu rund 60 Prozent Zugeständnisse an die Palästinenser ab.
Vizepremier prescht vor
Auslöser für die Diskussion waren Äußerungen des israelischen Vizepremierministers Haim Ramon. Erst dachte Ramon laut darüber nach, die Altstadt Jerusalems mit ihren religiösen Stätten unter die Obhut einer internationalen Kommission zu stellen. Danach sagte er, dass Teile Ost-Jerusalems an die Palästinenser übergeben werden könnten. Die israelische Öffentlichkeit rätselt, ob Ramon im Auftrag seines Parteifreundes Olmert Testballons fliegen ließ, um die öffentliche Stimmung auszuloten, oder ob er nur selbst Schlagzeilen machen wollte.
Die Vorschläge und Ideen von Vizepremier Ramon und anderen israelischen Politikern zum Thema Jerusalem sind keineswegs neu. Bereits bei den Verhandlungen von Camp David im Jahr 2000 ließ die damalige israelische Regierung unter Ehud Barak erkennen, dass sie durchaus eine "Doppelhauptstadt"-Lösung akzeptieren könnte. Trotz eines Kompromissvorschlags des damaligen US-Präsidenten Bill Clinton scheiterten die israelisch-palästinensischen Friedensgespräche vor sieben Jahren vor allem auch am Jerusalem-Streit.
Wissen
Für Muslime wie Juden ist Jerusalem eine heilige Stadt. Vom Tempelberg soll der Prophet Mohammed auf seinem Pferd gen Himmel geritten sein. Die Klagemauer ist das bedeutendste Heiligtum im Judentum. Im Sechstagekrieg vom Juni 1967 eroberte Israel Ostjerusalem von Jordanien. 1980 erklärte Israel dann einseitig Jerusalem zur "ewigen und unteilbaren Hauptstadt". Dies wird von der internationalen Gemeinschaft nicht anerkannt. Die Palästinenser beanspruchen den Ostteil Jerusalems als Hauptstadt.