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Jesse Helms wirft das Handtuch

Von Herbert Winkler

Politik

Washington - "Senator No" wirft das Handtuch. Liberale atmen auf und Konservative sind verzweifelt, weil der republikanische US-Senator Jesse Helms sich im Herbst des kommenden Jahres nicht mehr um ein neues Mandat bewerben will.


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Als glühender Patriot, als leidenschaftlicher Anti-Kommunist und als gläubiger Christ hat er so oft "Nein" zu allem gesagt, was ihm zuwider ist, dass Freund und Feind beeindruckt vom Ende einer Ära sprechen.

Kein anderer Kongresspolitiker war wie der knapp 80-Jährige ein Champion der "rechten Sache" - einflussreich und trickreich, schneidend in seiner Rhetorik und doch auch humorvoll. "Er war der mächtigste Anwalt seiner Ziele, und einer der fähigsten Parlamentarier bei ihrer Verfolgung", sagt der frühere UNO-Botschafter Richard Holbrooke über den Mann aus Raleigh im Südstaat North Carolina, der ihn oft geärgert hat.

In den ersten Jahren nach seiner Wahl 1972 ein Hinterbänkler, verschaffte sich Helms bald Gehör. Zur Zeit des konservativen Präsidenten Ronald Reagan (1981-89) profilierte er sich als ein Verteidiger amerikanischer "Grundwerte" und entschlossener Gegner des Kommunismus. Dabei machte der frühere Zeitungsjournalist und Fernsehkommentator, der die Presse unermüdlich mit Fernschreiben und Hintergrundmaterial seines Geschmacks bombardierte, vor allem durch "Guerilla-Taktiken" von sich reden.

Großen Einfluss gewann er 1995, als er den Vorsitz des Außenpolitischen Ausschusses im Senat übernahm. Er nutzte diese Position für eine knallharte Interessenpolitik. Er stieß sich an zahlreichen Projekten internationaler Zusammenarbeit. Die amerikanischen Beiträge an die UNO blockierte Helms jahrelang, bis diese sich zu Reformen bereit erklärte. Jüngste Zielscheibe des überzeugten Unilateralisten ist der geplante internationale Strafgerichtshof, den er als Eingriff in souveräne US-Rechte versteht.

Als Feind Fidel Castros hat Helms das so genannte Helms-Burton-Gesetz von 1996 mit initiiert. Es erlaubt US-Bürgern, ausländische Firmen zu verklagen, die in Kuba mit verstaatlichtem früheren US-Eigentum Geschäfte machen. Innenpolitisch machte der Senator gegen Pornografie und für Gebete in den Schulen mobil. Und er geißelte Aids als "Krankheit, die von Leuten verbreitet wird, die sich wissentlich in unnatürlichen Praktiken ergehen".

Der Südstaatler, einer der letzten "Dinosaurier" im Kongress, verlor den Ausschussvorsitz in diesem Frühjahr wieder. Dies und seine angeschlagene Gesundheit dürften den Entschluss bestimmt haben, nur noch bis Jänner 2003 zu amtieren. Durch die Korridore des Senats bewegt er sich wegen eines Nervenleidens mit einem motorisierten Scooter. Als mögliche Bewerberin um eine Nachfolge wird Elizabeth Dole genannt, die Frau des früheren Präsidentschaftskandidaten Robert Dole.