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Jesus und die Geldverleiher

Von Christoph Rella

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Da sage einer, Religion habe im Fußball keinen Platz. Und das mehr denn je. Was früher noch vielleicht als religiöse Geste in Gestalt eines Kreuzzeichens nach dem Einwechseln etwa oder eines sehnsüchtigen Blicks nach oben begriffen wurde, scheint heute in den Stadien weitaus offener und direkter zur Schau getragen zu werden. Das Bild des jubelnden ÖFB-Stars David Alaba, wie er nach gewonnener Champions League in einem T-Shirt mit der Parole "Meine Kraft liegt in Jesus" vor die Kameras trat, ging um die Welt und wurde von Gläubigen wie von Nicht-Gläubigen großteils positiv aufgenommen.

Auf weniger Verständnis dürfte hingegen derzeit Newcastle-Profi Demba Cissé, selbst gläubiger Moslem, stoßen. Und das nicht, weil er vielleicht eine Koransure aufs Unterleiberl hatte drucken lassen. Bei ihm geht es um ein anderes Kleidungsstück: Wie am Donnerstag bekannt wurde, soll sich der Kicker weigern, sein Newcastle-Trikot überzuziehen. Grund für den Streik ist der neue Sponsor "Wonga", ein Institut, das unbürokratisch Kredite, wenn auch zu hohen Zinsen, an Kunden vergibt. Da aber der Koran das Nehmen von Zinsen verbietet und das Geschäft des Sponsors dem Islam widerspreche, sei er nicht in der Lage, auf seinem Trikot für "Wonga" zu werben, betonte der Moslem.

Nun, das ist sein gutes Recht. Allerdings hat die Großtat einen schalen Beigeschmack, zumal Cissé schon bisher für den Geldverleiher "Virgin Money" Werbung gemacht hat. Und das ohne große Proteste. Warum er nun einen Unterschied zwischen Wonga- und Virgin-Zinsen macht, ist so nur schwer verständlich. Eines steht fest: Seiner Religion hat er mit dieser Aktion keinen Dienst erwiesen, sondern nur zwei bisher unbekannten Geldverleihern. Und die dürfen sich über zusätzliche Publicity freuen.