Eine hartnäckige Krise treibt Geschäftsflieger in Pleiten-Serie.
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Wien.
Jetzt hat auch die von Flieger-Liebhaber Mirko Kovats gegründete Bedarfsflugfirma A-Jet Konkurs beantragt: Anfang Februar ist ihr die Fluglizenz entzogen worden, weil sie aufgrund des Insolvenzverfahrens des A-Tec-Konzerns in eine ungewisse Zukunft steuerte.
Offenbar war es das Gesetz der Serie: Binnen weniger Wochen sind drei weitere heimische Mini-Flugfirmen unsanft im kommerziellen Nirvana gelandet. Anfang Dezember meldete die Wiener Vier-Mann-Firma Comtel Air Konkurs an. Kurz vor Jahresende trudelte die Linzer M.A.P. Management+Planning GmbH mit rund vier Millionen Euro Schulden in ein Sanierungsverfahren. Mitte Jänner wurde der österreichisch-südtirolerischen Regionalfluglinie AirAlps mit Sitz in Innsbruck aufgrund finanzieller Troubles vorübergehend die Fluglizenz entzogen. Sie durfte zwar am 1. Februar die Linienflüge Bozen-Rom wieder aufnehmen, doch der Entzug der Fluglizenz droht immer noch.
Es werden mit Sicherheit nicht die letzten Turbulenzen von Flugfirmen in Österreich gewesen sein. Im vergangenen Jahrzehnt hatten etliche rot-weiß-rote Executive Charterfirmen Bruchlandungen hingelegt. 2003 hat es die Grossmann Air erwischt, zuvor jahrelang beliebter Lufttaxler von Regierungsmitgliedern und Topmanagern. Von der Bildfläche verschwand auch Bannert Air Aviation, die 6,8 Millionen Euro Schulden angesammelt hatte. Die am Flughafen Graz stationierte Robin Hood Aviation musste im vierten Lebensjahr aufgeben.
Auch die Wiener Bedarfsflugfirma Business Express ist seit geraumer Zeit Geschichte. "Private Aviation", zog deren Käpt’n Harald Jessl nach dem Krisenjahr 2009 enttäuscht Bilanz, "ist derzeit nicht gewinnbringend zu führen." Seine BEX-Jets wurden an Banken und Leasingfirmen retourniert. Das gesamte Eigenkapital in zweistelliger Millionenhöhe, das die Eigentümer eingebracht hatten, war verbrannt worden.
Dass die Nachfrage nach Business-Express-Flügen schon ab 2008 um bis zu 40 Prozent eingebrochen ist, haben die meisten Anbieter bis heute ebenso wenig verkraftet wie den damit verbundenen "hemmungslosen Preiskampf", diagnostiziert Martin Lener, Chef der Tyrolean Jet Service.
Deshalb erwarten Insider wie GlobeAir-Chef Bernhard Fragner, dass es schon bald zu weiteren Abstürzen kommen wird: "Die Marktbereinigung ist in unserer stark fragmentierten Branche voll im Gange - noch dazu, wo das Geschäft im Herbst des Vorjahrs nach einer kurzen Erholung wieder zusammenbrach."
Immerhin gibt es in Österreich derzeit - trotz der laut Lener "schwersten Krise seit 30 Jahren" - rund 50 Bedarfsflugfirmen mit rund 320 Fliegern, die zum Teil russischen, arabischen oder asiatischen Besitzern gehören. Der Hamburger Business-Aviation-Consultant Christoph Kohler schätzt, dass die in Österreich registrierten Jet-Charter-Firmen jährlich rund 19.000 Flüge durchführen - im Schnitt also 52 pro Tag.
Airline-Betreiber von Swarovski bis Haselsteiner
Hinter den Flug-Operators, die in der schrumpfenden Zielgruppe um Aufträge rangeln, stecken teils prominente Unternehmer, die selbst einen Privatjet besitzen: Die Tyrolean Jet Service etwa, die 70 Mitarbeiter beschäftigt und acht Maschinen betreibt, gehört der Familie Swarovski, die Kärntner Goldeck Flug mit fünf Maschinen zum Haselsteiner-Imperium und die in Salzburg stationierte Avag Air dem Mercedes-Clan Pappas.
Der neue Telekom-Großaktionär Ronny Pecik mischt mit seiner Amira Air und 12 Fliegern mit, Georg Stumpf, Erbauer des Wiener Millennium-Towers, hält sich die Millennium Aviation - und die Quehenberger Privatstiftung ist an Salzburg Jetaviation beteiligt.
Auch zwei oberösterreichische Top-Unternehmer fliegen auf das elitäre Geschäft in den Lüften: Keba-Gründer Karl Kletzmaier, selbst ein passionierter Pilot, besitzt seit 1996 die 22 Mitarbeiter zählende Jetfly mit vier Cessnas. Polytec-Boss Friedrich Huemer, Boss des Autozulieferers Polytec, ist seit April 2007 mit 76 Prozent an der GlobeAir AG beteiligt. Die GlobeAir beschäftigt 76 Mitarbeiter, hat im Vorjahr 5200 Flüge durchgeführt und setzt 13 Millionen Euro um, wovon nur drei Prozent auf Österreich entfallen.
Dafür, dass viele Bedarfsflieger ein karges Dasein in einer Marktnische fristen, die vom Trio Jetalliance, Avcon und Majestic Executive Aviation dominiert wird, können sich einige Mini-Airlines erstaunlich lang behaupten. Bestes Beispiel ist die 1997 vom Steirer Karl-Heinz Mali gegründete Mali Air, die Kunden vom Heimatflughafen Graz-Thalerhof aus quer durch Europa befördert. Sie muss dort gegen mehrere Rivalen kämpfen, darunter die 1992 von Robert Höss gegründete Air Styria sowie den Taxiflieger Hawei-Air, der nach seinen Eigentümern Eduard Haas und Karl Weiss benannt ist und Manager, Techniker oder Ärzte zum Stundenpreis von 680 Euro ans Ziel befördert.
Zu den rot-weiß-roten Lokalmatadoren, die nur selten mehr als zehn fixe Mitarbeiter beschäftigen und jeweils bloß ein paar Millionen umsetzen, gehört Helmut Eder: Er bietet mit seiner Innsbrucker Firma ABC Bedarfsflug unter dem Label "Fly Tyrol" sieben Citations für geschäftliche Charter- und touristische Alpen-Rundflüge an.
In Salzburg kann sich die Familie Rudolf, Sigrid und Johanna Wurzinger mit ihrer Airlink Luftverkehrs GmbH behaupten. Abgesehen von ein- und zweimotorigen Propeller-Maschinen verchartert sie 13 Cessnas, die Geschäftsführer Thomas Zand zu einem Umsatz jenseits der 10-Millionen-Marke verhelfen.
In Kärnten duelliert sich Werner Welz mit seiner Europ Star Aircraft mit Hans-Peter Haselsteiners Goldeck-Fluggesellschaft. Er vermietet sieben Business-Jets, die teilweise prominenten Unternehmern wie GreenOnetec-Boss Robert Kanduth gehören, und beschäftigt rund 50 Mitarbeiter. Im Herbst vorigen Jahres hat Welz den Ex-Formel-1-Piloten Ralf Schumacher als Zehn-Prozent-Kompagnon gewinnen können. Diesen beeindruckt an der Firma, dass sie sich in den vergangenen zehn Jahren in Mitteleuropa etablieren konnte und kürzlich den Markteintritt in Russland bekannt gab.
Heimische Carrier setzen auf reiche Russen
Auf Oligarchen setzen gleich mehrere Business-Carrier, etwa die in Wien ansässige Global Jet Austria, die unter anderem den Privatflieger des russischen Moguls Andrej Melnitschenko managt; desgleichen die 2007 gestartete M-Jet; nicht zu vergessen die Wiener Avcon Jet AG, die ihre Flotte überwiegend in Kiew und Moskau stationiert, weil sich Chef Alexander Vagacs von diesen Märkten am meisten verspricht.
Oligarchen hin, Ölscheichs her: Auch der in Kottingbrunn, Oberwaltersdorf und am Wiener Airport ansässige Marktführer Jetalliance, der in Russland gemeinsam mit Aeroflot durchstarten möchte und einen kuwaitischen Aktionär an Bord holte, hat lustigere Zeiten erlebt. "Die Krise", sagt Jetalliance-Boss Lukas Lichtner-Hoyer, "hat unsere Branche unheimlich getroffen, und viele haben sich davon nicht mehr erholt."
Sein Unternehmen, das 21 Flieger von Dritteigentümern offeriert, musste in jüngster Zeit drei Mal restrukturieren und zwei Kapitalerhöhungen durchführen. Die Firma, an der auch Frank Stronach und der burgenländische Stahlbauer Josef Unger beteiligt sind, setzte zuletzt fast 100 Millionen Euro um - vor ein paar Jahren waren es noch 160.
Dass sie nach wie vor schwarze Zahlen schreibt, hat indes weniger mit dem Flugbetrieb zu tun. Die Jetalliance betätigt sich nämlich als Cessna-Repräsentant mit wachsendem Erfolg als Verkäufer und Finanzier von Flugzeugen. Lichtner-Hoyer: "Im Jänner haben wir sechs neue und zwei gebrauchte Maschinen verkauft, was für uns ein neuer Rekord war. Wenn die Welt nicht zusammenbricht, werden wir weiterhin ein gutes Auslangen finden."