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Jetzt fehlt nur die Euro-Rettung

Von WZ-Korrespondent Wolfgang Tucek

Europaarchiv

Streit über Aufwertung des Euro- Rettungsschirms. | Forderungen der Deutschen entschärft und gefiltert. | Merkel, Juncker: Reformtempo steigt. | Brüssel. Seit Freitagabend beraten die großen europäischen Parteien über die Euro-Krise: Die Europäische Volkspartei tagt in Helsinki, die Sozialdemokraten treffen einander in Athen.


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Schon davor zeichnete sich eine Einigung auf einen neuen Pakt für mehr Wettbewerbsfähigkeit in der Eurozone ab. Somit dürfte sich der Fokus der Verhandlungen bis zum EU-Gipfel am 24. und 25. März wieder vermehrt auf den Euro-Rettungsschirm richten: sowohl auf die Verstärkung der aktuellen "European Financial Stability Facility" (EFSF) wie auch auf den dauerhaften Krisenmechanimus ("European Stability Mechanism", ESM), der ab 2013 in Kraft treten soll. Die Welt warte darauf, "dass wir Ende März ein klares Signal geben, dass wir zu unserer Währung stehen", sagte die deutsche Kanzlerin Angela Merkel nach einem Treffen mit dem Luxemburger Premier und Eurogruppenvorsitzenden Jean-Claude Juncker.

Vor der Abreise nach Finnland diagnostizierte Juncker prinzipielle Einigkeit über eine stärkere wirtschaftspolitische Koordinierung für mehr Wettbewerbsfähigkeit. Entscheidend seien das "Tempo und der Grad der Verpflichtung", so Merkel. Das Reformtempo werde erhöht - der neue Pakt werde zu einer "Chefsache", sagt Juncker.

Jobs der Kommission

Basis für die Einigung auf den Wettbewerbspakt ist ein Entwurf von EU-Ratspräsident Herman van Rompuy. Ob die gemeinsam beschlossenen Ziele eingehalten werden, überwachen die Staats- und Regierungschefs jährlich selbst. Sanktionen sind nicht vorgesehen.

Teile der ursprünglichen deutschen Kernforderungen hat Van Rompuy in bekömmlichere Form gegossen, andere Teile ausgeklammert. So werden nur noch Zielmarken gesetzt. Die Auswahl der Maßnahmen zur Zielerreichung ist den Mitgliedern selber überlassen. Ausdrücklich wird betont, dass die Zuständigkeiten der Kommission strikt berücksichtigt werden. Fallen gelassen wurde daher die Forderung nach "gegenseitiger Anerkennung von Berufsabschlüssen zur Förderung der Arbeitsmobilität" - ein klassisches Binnenmarktthema. Die Kommission plant zudem, demnächst einen Vorschlag für eine einheitliche Bemessungsgrundlage der Körperschaftssteuer auf den Tisch zu legen. Auch darauf wird im Pakt verwiesen.

Wegen zu großen Widerstands und zu geringer Tragweite verworfen wurde die Forderung, Lohnindexierungssysteme abzuschaffen: Nicht einmal in einer Handvoll Mitgliedstaaten ist das Lohnniveau an die Inflation gekoppelt.

Auch Österreichs Bundeskanzler Werner Faymann hatte sich prinzipiell gegen jeden Eingriff in die nationale Lohn- und Sozialpolitik gestemmt. Dem Vernehmen nach soll das in der Endversion des Paktes ausdrücklich festgehalten werden. Schon jetzt ist die "Anpassung des Pensionsalters an die Lebenserwartung" nur noch eine mögliche Stellschraube, an der die Mitgliedstaaten aber nicht drehen müssen. Entschärft wurde ferner die deutsche Forderung nach einer "Schuldenbremse" in den Verfassungen aller Euroländer. Die Länder können sich jetzt aussuchen, wie sie ihre Finanzen in den Griff bekommen wollen. Der weichgespülte Wettbewerbspakt soll bei einem Sondertreffen der Eurostaaten kommenden Freitag finalisiert werden.

Deutlich strittiger ist noch die Ausgestaltung der Eurorettungsschirme. Als Bedingung für deren Aufstockung hatte Berlin den neuen Pakt ins Spiel gebracht. Von nominell 440 Milliarden Euro stehen bei der EFSF de facto nur gut 250 Milliarden Euro zur Verfügung. Zwar gab es eigentlich bereits eine grundsätzliche Einigung, den verfügbaren Betrag in Richtung der 440 Milliarden aufzustocken. Doch die Triple-A-Eurostaaten wie Deutschland, Österreich und die Niederlande sträuben sich, ihre Garantien aufzustocken.

Gläubiger, bitte zahlen!

Lieber richten sie ihren Blick auf den ESM, für den es zumindest eine Einigung auf einen Umfang von 500 Milliarden Euro gibt, der auch wirklich zur Verfügung stehen muss. Für die Zeit ab 2013 forderte Merkel am Freitag erneut, dass auch private Gläubiger an eventuellen Umschuldungen von Euroländern zur Kasse gebeten werden können.

Unklar ist noch, welche Kompetenzen der ESM erhalten soll; etwa ob er Anleihen von Euroländern aufkaufen darf, wie es jetzt die Europäische Zentralbank macht. Deutschland war bisher strikt dagegen, Merkel schloss das am Freitag erstmals nicht aus. Heikel ist die Frage vor allem, weil die Ausgestaltung des ESM in Teilen bereits für den EFSF vorgezogen werden könnte.