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Forderungen reichen von Entlastung des "Faktors Arbeit" bis zur "Ökologisierung".
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Wien. Rund 7,5 Milliarden Euro aus steuerlichen Maßnahmen sollen bis Ende 2016 in die Budgets von Bund und Ländern fließen. Darüber hinaus sind auch noch höhere Einnahmen für das Sozialversicherungssystem geplant. Während derzeit in erster Linie die Geldbeschaffung zählt, gibt es längerfristig andere Ziele: Aus gut informierten Kreisen ist zu hören, dass - sobald die Haushaltskonsolidierung erfolgt ist - die lange versprochene Steuerstrukturreform (unter anderem zur Senkung der Abgabenbelastung auf Löhne und Einkommen) ernsthaft angegangen werden könnte.
Die Ausgangslage ist klar: Österreich liegt mit einer Abgabenquote von mehr als 42 Prozent der Wirtschaftsleistung deutlich über dem EU-Durchschnitt. Besonders hoch ist dabei die Belastung für Arbeitseinkommen (siehe Grafik). Das ist schlecht für den Wirtschaftsstandort und für die Kaufkraft der Arbeitnehmer - Grund genug für die Regierungsparteien SPÖ und ÖVP, sich im Vorjahr auf die Einsetzung einer Arbeitsgruppe zur Ausarbeitung einer Steuerreform zu einigen.
Vorschläge liegen freilich zur Genüge auf dem Tisch: Das Wirtschaftsforschungsinstitut Wifo hat sich etwa dafür ausgesprochen, Steuern und Sozialversicherungsbeiträge - vor allem - für niedrige und mittlere Einkommen zu senken. Im Gegenzug könnte man steuerliche Ausnahmen (etwa im Bereich der Absetzbeträge) streichen. Außerdem regen die Wifo-Experten an, "gesamtgesellschaftlich schädliche Aktivitäten" mit höheren Steuern zu belegen - etwa Alkohol- und Tabakkonsum, Glücksspiel, aber auch den Energieverbrauch. Nicht zuletzt wird auch eine Ausweitung vermögensbezogener Steuern gefordert.
Finanzministerin Maria Fekter hat noch im September 2011 das Ziel ausgegeben, die Abgabenquote mittelfristig auf unter 40 Prozent zu reduzieren. Dem stünde die Einführung neuer Vermögenssteuern entgegen. Fekter hat eine andere Idee für eine Steuerreform aufgegriffen: die des sogenannten integrierten Einkommensteuertarifs.
Gemeint ist, dass Einkommensteuer und Sozialversicherungsbeiträge in einem einzigen Tarif zusammengefasst und gemeinsam eingehoben werden. Die Kammer der Wirtschaftstreuhänder plädiert seit Jahren für ein solches Modell, bei dem Verzerrungen zwischen Einkommensgruppen ausgeglichen würden. Der Steuerexperte der Kammer, Karl Bruckner, verweist außerdem auf eine "drastische Vereinfachung" in der Lohnverrechnung und eine "erhebliche Kostenentlastung" in der Verwaltung.
Dass man nun in Politikkreisen die Steuerstrukturreform ab 2017 anpeilt - und nicht wie vor wenigen Monaten noch in dieser Legislaturperiode bis 2013 -, sei auf die plötzliche Notwendigkeit zur Budgetkonsolidierung wegen der Euro-Schuldenkrise zurückzuführen, ist zu hören. Bundeskanzler Werner Faymann erklärte am Freitagabend, dass ein möglichst gutes Wirtschaftswachstum für eine derartige Reform sehr hilfreich wäre.
Wie mehr Geld hereinkommt
Zunächst geht es aber vorrangig darum, Geld hereinzubringen: Größter Brocken bei den steuerlichen Maßnahmen sind Änderungen im Immobilienbereich (siehe Artikel Seite 8). Danach folgt mit einem Volumen von insgesamt 1,5 Milliarden Euro bis 2016 die erhoffte Steuer auf Finanztransaktionen. Hier ist allerdings fraglich, ob diese verwirklicht wird und ob die Einnahmen den nationalen Budgets (oder der EU) zufallen würden. "Da wurde das Fell des Bären verteilt, bevor er erlegt ist", meint Wifo-Ökonom Marcus Scheiblecker. Faymann und Vizekanzler Spindelegger erklärten, Finanzministerin Maria Fekter habe den Auftrag, auch eine Börsenumsatzsteuer als Alleingang durchzurechnen. Dies habe aber keine Priorität. Am liebsten wäre ihnen eine Finanztransaktionssteuer auf europäischer Ebene.
1,33 Milliarden Euro erhofft die Bundesregierung aus Änderungen beim Vorsteuerabzug - größtenteils im Immobilienbereich.
Als "sehr sinnvolle Sache" bezeichnet Experte Bruckner den Plan, mit der Schweiz über eine "Abgeltungsabgabe" für unversteuerte Gelder von Österreichern auf Schweizer Bankkonten zu verhandeln. Nach deutschem Modell erhofft sich die Regierung eine einmalige Abschlagszahlung von einer Milliarde Euro und weitere Quellensteuereinnahmen von 50 Millionen Euro pro Jahr. Scheiblecker hat Zweifel, ob es tatsächlich dazu kommen wird.
Spitzenverdiener werden mit einem "Solidarbeitrag" von 110 Millionen Euro pro Jahr zur Kasse gebeten (siehe Wissen). Außerdem wird die Höchstbeitragsgrundlage für die Pensionsversicherung im Gesamtausmaß von 218 Millionen Euro angehoben. Darüber hinaus gibt es eine Anhebung der Pensionsbeiträge für Unternehmer und Bauern, die bis 2016 insgesamt 554 Millionen Euro mehr einzahlen müssen.
Einschränkungen bei der sogenannten Gruppenbesteuerung für Konzerne sollen 275 Millionen Euro ins Budget spülen.
Wissen
Der sogenannte Solidarbeitrag für Spitzenverdiener ist bis 2016 befristet und betrifft Jahreseinkommen ab einer Bemessungsgrundlage von 150.000 Euro mit 3,5 Prozent, ab 300.000 Euro mit 5 Prozent und ab 500.000 Euro mit 7,5 Prozent. Betroffen sind insgesamt rund 20.000 Personen – darunter (nach Zahlen des Jahres 2010) Erste-Group-Chef Andreas Treichl mit rund 150.000 Euro, Strabag-Boss Hans-Peter Haselsteiner mit 130.000 Euro, OMV-General Gerhard Roiss mit 114.000 Euro, Voest-Chef Wolfgang Eder mit 60.000 Euro, Verbund-Chef Wolfgang Anzengruber mit 34.000 Euro und Telekom-Austria-Boss Hannes Ametsreiter mit 29.000 Euro. Dem gegenüber stehen – wegen des niedrigeren Einkommens – Minister mit je 1300 Euro, der Bundeskanzler mit 3000 Euro und der Bundespräsident mit 4000 Euro.
Der Solidarbeitrag hat zur Folge, dass die Steuerbegünstigung des 13. und 14. Monatsgehalts teilweise ausgeglichen wird.