Der Nahe Osten steht wieder einmal am Scheideweg. Verhandlungen über die Zwei-Staaten-Lösung wurden hinausgeschoben.
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Der Nahe Osten wird mittlerweile von gewalttätigen Auseinandersetzungen und Extremismus bedroht, was den palästinensisch-israelischen Konflikt noch verschärft. Die schwierige Verhandlungslage macht die internationalen Bemühungen noch wichtiger, um insbesondere wegen des enormen menschlichen Leides eine Regelung herbeizuführen.
In solch schwierigen Zeiten sind Führung und Vision unerlässlich. Unlängst wurde in Israel eine neue Regierung gebildet. Der UNO-Generalsekretär ist bereit, mit allen zu arbeiten, und ermutigt zu neuen Verhandlungen auf Basis gemeinsam vereinbarter Rahmenbedingungen. Er forderte die neue Regierung nachdrücklich auf, nicht nur Israels Verpflichtung für die Zwei-Staaten-Lösung erneut zu bestätigen, sondern auch glaubhafte Schritte zu unternehmen, um neuerliche Verhandlungen zu ermöglichen. Dies sollte vor allem einen Stopp der Siedlungsaktivitäten einschließen. Jüngste Ankündigungen der israelischen Behörden über weitere Siedlungen sind deshalb alarmierend. Sie sind dem Völkerrecht nach illegal und schicken ein falsches Signal an die Palästinenser und die internationale Gemeinschaft.
Auf palästinensischer Seite ist eine Einigkeit für die Realisierung eines Friedensabkommens unerlässlich. Dazu gehören die Anerkennung des Existenzrechts des Staates Israel und der Verzicht auf Terrorismus und Gewalt. Die Bildung der palästinensischen Regierung des nationalen Konsenses im Juni 2014 eröffnete endlich den Weg zur Einigung. Das war ein wichtiger erster Schritt für einen wahrscheinlich langen und komplizierten Prozess. Fast ein Jahr später muss die Konsens-Regierung noch die volle Verantwortung in Gaza übernehmen. Während beide Seiten zu Wahlen aufriefen, waren sie nicht gewillt, die nötigen politischen Risiken einzugehen, einen Fortschritt bei diesem schwierigen Thema zu erzielen.
Die extreme Armut und anhaltende Konflikte haben den Menschen in Gaza stark zugesetzt. Enorme finanzielle Herausforderungen und der schleppende Wiederaufbau verschärfen die fragile Sicherheitslage. Die Weltbank schätzt die Arbeitslosigkeit auf 43 Prozent (60 Prozent Jugendarbeitslosigkeit). Im öffentlichen Dienst werden keine Gehälter ausbezahlt. Die Schließung der Grenzen würgt den Handel ab und erstickt die Menschen. Das nährt Frustration und Spannungen und unterminiert den Weg zum Frieden.
Während die UNO bei der Versorgung der Notleidenden weiterhin eine wichtige Rolle spielt - das Nahost-Hilfswerk bietet für fünf Millionen registrierte palästinensische Flüchtlinge Hilfe und Schutz unter äußerst schwierigen Bedingungen -, braucht es im Konflikt eine dauerhafte Lösung.
Dazu müssen beide Seiten den Einfluss von extremistischen Elementen verweigern. Und sie müssen kooperieren und erkennen, dass ein dauerhafter Friede von tragfähigen Vereinbarungen für eine Koexistenz abhängt, die eine vollständige Entwicklung für die Menschen innerhalb der beiden Staaten erlaubt. Der Teufelskreis der Gewalt und Konfrontation muss abgewendet werden, bevor es zu spät ist. Für beide Seiten ist noch Zeit, Einsatz und Mut zu zeigen, die für einen gangbaren Kurs in Richtung einer besseren Zukunft notwendig sind. Diese Zeit ist jetzt gekommen.