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Jetzt liegt der Ball bei Napolitano

Von Rainer Mayerhofer

Politik

Parlamentspräsidenten kürzen sich Gehalt um 30 Prozent - für Grillo zu wenig.


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Rom. Als Erste waren am Mittwochvormittag die neuen Präsidenten von Senat und Abgeordnetenkammer, Pietro Grasso und Laura Boldrini, bei Staatspräsident Giorgio Napolitano im Quirinalspalast - der früheren Sommerresidenz der Päpste, zwischen 1870 und 1946 Amtssitz des Königshauses und seither des Staatsoberhaupts - zu Konsultationen geladen. Am Nachmittag folgten dann die kleineren Parlamentsfraktionen - unter ihnen die Südtiroler Volkspartei, die linksökologische SEL und das Demokratische Zentrum, die zur Mitte-Links-Koalition Pier Luigi Bersanis gehören. Am frühen Abend beschlossen die Vertreter der Zentrumsfraktionen um den noch amtierenden Regierungschef Mario Monti den ersten Tag der Konsultationen, wobei am Nachmittag noch nicht feststand, wann Monti mit Napolitano zusammentrifft.

Die Großen heute am Zug

Heute, Donnerstag, kommen dann die großen parlamentarischen Gruppen dran. Den Beginn macht am Morgen Beppe Grillos 5-Sterne-Bewegung (M5S), wobei mit Grillo erstmals in der italienischen Geschichte ein nicht gewählter Vertreter an Konsultationen zu Regierungsbildung beim Staatspräsidenten teilnimmt. Anschließend wird Napolitano die Vertreter von Berlusconis Partei PdL, die gemeinsam mit jenen der Lega Nord auftritt, empfangen. Es galt am Mittwoch noch nicht als sicher, ob Berlusconi selbst kommt. Mittags ist dann Napolitanos Vorgänger als Staatspräsident, Carlo Azeglio Ciampi angesagt und am Abend beschließt der Chef der Demokratischen Partei (PD), Pier Luigi Bersani mit seinen neuen Fraktionschefs in Abgeordnetenhaus und Senat, Roberto Fortuna und Luigi Zanda, den Konsultationsreigen.

Danach muss Napolitano entscheiden, wen er mit der Regierungsbildung oder Sondierungsgesprächen betraut.

Rasche Lösung angestrebt

Man werde alle Mittel ausschöpfen, um dem Land eine Regierung zu geben, sagte Senatspräsident Grasso nach dem Gespräch mit Napolitano und Kammerpräsidentin Boldrini betonte, dass der Präsident, dessen Amtszeit Mitte Mai abläuft, eine rasche Lösung anstrebt.

Die beiden Parlamentspräsidenten haben sich übrigens im Zeichen der Bescheidenheit, die derzeit in Rom dies- und jenseits des Tibers angesagt ist, als eine der ersten Amtshandlungen ihre Gehälter um 30 Prozent gekürzt.

Für Beppe Grillo ist das aber zu wenig. In seinem Blog forderte er, der jüngst in Verruf geraten war, als das Wochenmagazin "L’Espresso" aufdeckte, dass 13 anonyme Gesellschaften in Costa Rica auf seine Schwägerin und seinen Fahrer zurückzuführen sind, die beiden Politiker auf, ihre Gehälter zu halbieren. Die von Grillo ausgewählten beiden Konsulenten Daniele Martinelli und Claudio Messora, die die Kommunikation innerhalb der M5S-Fraktion betreuen sollen, haben am Mittwoch angekündigt, dass sie jeden Kontakt zur Presse abbrechen werden. Bereits am Dienstag hatte die M5S-Fraktionschefin Roberta Lombardi eine Pressekonferenz abgehalten, bei der keine Fragen zugelassen waren. Für die M5S sprechen nur die Fraktionschefs laut Input, das aus dem Netz und vom Blog kommt, stellte auch der Abgeordnete Roberto Fico klar, der erfolglos als M5S-Kandidat für das Amt des Kammerpräsidenten angetreten war.

Messora hatte zuvor noch in einem Interview angekündigt, dass die Grillini Bersani nie das Vertrauen aussprechen würden. "Nicht einmal, wenn er auf Erbsen geht". Man würde aber nachdenken über eine Regierung eines Außenstehenden, sagte Messora, ohne sich näher zu erklären.

Politische Beobachter rechnen damit, dass Präsident Napolitano nach dem Ausgang der Wahlen der Parlamentspräsidenten Bersani mit der Regierungsbildung beauftragen wird. Da Bersani eine Koalition mit Berlusconis PdL weiterhin strikt ablehnt, bietet sich derzeit nur eine Minderheitsregierung an, die von der M5S oder zumindest Teilen davon unterstützt wird. Ist das nicht der Fall, bleiben nur baldige Neuwahlen als Ausweg, wobei die jüngsten Umfragen aber zeigen, dass auch danach keine wesentlichen Veränderungen der Mehrheitsverhältnisse zu erwarten sind.

Bersani hat unterdessen angedeutet, das man für die im April anstehenden Präsidentenwahlen durchaus zu einer Verständigung mit der Rechten gelangen könnte, aber die Kandidatenauswahl liege nicht bei Berlusconi. Als mögliche Anwärter für die Napolitano-Nachfolge werden der erst Samstag gewählte Senatspräsident Pietro Grasso oder die früheren Premiers Giuliano Amato und Massimo D’Alema gehandelt.