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Der deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder gab sich in Sarajewo bescheiden: "Wenn es einen Vater dieses Paktes geben kann, dann ist er nicht zuletzt von meinem Außenminister gezeugt", verwies er
bei der Vorstellung der Ergebnisse des Gipfeltreffens zum Balkan-Stabilitätspakt auf den neben ihm sitzenden Joschka Fischer. Doch ob nun Schröder oder Fischer · aus internationaler Sicht sind der
Stabilitätspakt und auch der Mammut-Gipfel in der bosnischen Hauptstadt vor allem ein Erfolg der Deutschen. Was nun allerdings noch fehlt, ist die Umsetzung des ehrgeizigen Projekts · zum Beispiel
konkrete Hilfszusagen. Hier blieb der Gipfel sehr vage.
Der Konferenzort war nicht zufällig gewählt: "Sarajewo ist ein Symbol für den Willen, aus den Tiefen von Konflikt und Zerstörung aufzusteigen", heißt es in der feierlich verabschiedeten "Sarajewo-
Gipfel-Erklärung". Schröder war es, der Ende Juni in Bonn mit Clinton verabredet hatte, mit dem Mammut-Gipfel in dieser Stadt ein Zeichen für ganz Europa zu setzen.
Die Idee zum Stabilitätspakt war entstanden, als im Kosovo noch die Bomben fielen: Um solche Konflikte künftig zu vermeiden, müsse die internationale Gemeinschaft die Staaten Südosteuropas bei
politischen und wirtschaftlichen Reformen unterstützen und zugleich ihre Zusammenarbeit untereinander fördern, erklärten damals Schröder und Fischer. Daraus entstanden die drei Grundprinzipien, die
die in Sarajewo versammelten Großen der Welt · darunter Amerikas Bill Clinton und Rußlands Sergej Stepaschin · noch einmal nachdrücklich bekräftigten: Demokratie und Menschenrechte, wirtschaftliche
Entwicklung und Zusammenarbeit, Sicherheit.
Diese Erklärung zeigt allerdings genau das Problem des Gipfels: Es wurde fast nichts beschlossen, nur bekräftigt. Der Stabilitätspakt war bereits am 10. Juni von den Außenministern der beteiligten
Staaten vereinbart worden. Auch Bodo Hombach, der in Sarajewo in sein Amt als Koordinator des Stabilitätspaktes eingeführt wurde, war längst ernannt. So blieb es bei vielen großen Worten, die erst
bei späteren Konferenzen voraussichtlich im September mit Leben gefüllt werden sollen. Dann erst soll auch konkret über Geld gesprochen werden.
In Sarajewo war es allein Clinton, der Finanzhilfen von zusammen rund 700 Mill. Dollar in Aussicht stellte, auch wenn das Geld dafür abgesehen von staatlichen US-Mitteln teilweise aus bestehenden
Fonds und von der internationalen Gemeinschaft kommen soll. Schröder sprach nur vorsichtig und allgemein von "finanziellen Hilfen im Rahmen der EU und der internationalen Finanzorganisationen". Im
übrigen betonte er die Bedeutung der Privatwirtschaft.
Konkret war der Gipfel vor allem in einer Negativaussage. "Wir bedauern, daß wir die Bundesrepublik Jugoslawien nicht als volle und gleichberechtigte Teilnehmerin des Stabilitätspaktes einladen
konnten", erklärten die Konferenzteilnehmer kühl · auch wenn die Russen mit dieser harten Haltung nicht ganz einverstanden waren. Clinton wurde noch deutlicher: "Serbien wird nur eine Zukunft haben,
wenn Herr Milosevic und seine Politik der Vergangenheit angehören." Hilfsangebote erhielten der als Gast teilnehmende montenegrinische Präsident Milo Djukanovic und die serbische Opposition.
Hoffnungszeichen gab es in Sarajewo am Rande des Gipfels. Der Vertreter der Serben in der bosnischen Präsidentschaft, Zivko Radisic, kündigte Erleichterungen für die Rückkehr vertriebener Moslems und
Kroaten an. Bosnier und Kroaten unterzeichneten ein Abkommen über den Verlauf ihrer gemeinsamen Grenze.
Der große Wurf ist das freilich noch nicht. "Wir brauchen Zeit, um viele der grundlegenden Probleme zu überwinden", betonte Finnlands Präsident Martti Ahtisaari, der im Namen der finnischen EU-
Präsidentschaft den Gipfel leitete.