Neue Steuer: Banken weinen, Spekulanten lachen. | Kompliziert, ungerecht und verfassungswidrig. | Verluste nur sehr eingeschränkt abschreibbar. | Wien. Die neue Wertpapier-Kursgewinnsteuer wird - kommt sie so wie geplant - eine enorme Belastung für die österreichische Wirtschaft bewirken. Die Attraktivität des heimischen Kapitalmarktes ist massiv gefährdet.
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Banken trifft es besonders hart. Österreichs Kreditinstitute sollen gemäß der Steuerpläne der Regierung ab 1.1.2011 eine "Stabilitätsabgabe" bezahlen. Diese soll helfen, das Budgetloch mit einem Geldsegen bis zu 500 Millionen Euro zu stopfen. Aber der Fiskus bürdet den Banken auch eine Vielzahl von administrativen Arbeiten auf, selbstverständlich unentgeltlich und mit Haftungsfolgen bei Nichtbeachtung der schwierig zu vollziehenden gesetzlichen Regeln.
Die österreichischen Geldinstitute sollen ab 1. Juli 2011 dafür sorgen, dass die neue Wertpapier-Kapitalertragssteuer (KESt) an den Fiskus fließt. Die Vorbereitungszeit, um die EDV-Systeme auf die Regeln umzustellen, sei aber nicht ausreichend, hört man aus Kreisen der Geldinstitute. Ob sich der Gesetzgeber noch zu einer längeren Übergangsfrist überreden lässt, bleibt abzuwarten.
Konkret sollen ab 1.1.2011 alle Kursgewinne von Kapitalanlagen (Aktien, GmbH-Anteile, Investmentfonds) einschließlich Erträge aus Optionen und sonstigen Finanzderivaten einer 25-prozentigen Sondersteuer ("Wertpapier-Kapitalertragsteuer") unterliegen. Bislang war der KESt-Abzug nur für Zinseinnahmen von Banken und für Gewinnausschüttungen aus österreichischen Kapitalgesellschaften vorzunehmen.
Belohnung fürSpekulanten
Nicht nur sogenannte "Equity"-Produkte, auch Gewinne aus Anleihen oder anderen Rentenpapieren ("Forderungen") sind von der neuen Wertpapiersteuer umfasst. Verantwortlich für die Berechnung und Abfuhr der Steuer sollen die depotführenden Banken sein. Bis zum Ende dieses Jahres sind Aktiengewinne nur dann steuerpflichtig, wenn eine Spekulationsfrist von einem Jahr zwischen Kauf und Verkauf nicht eingehalten wird, diese Gewinne unterliegen dann aber dem einkommensteuerlichen Spitzensatz von bis zu 50 Prozent.
Kurioserweise belohnt der Finanzminister mit der neuen Steuer somit Spekulanten. Sie werden zukünftig nur mehr mit 25 Prozent Wertpapier-KESt zur Kassa gebeten - freilich nur, wenn sie steuerehrlich trotz Bankgeheimnis ihre Gewinne in der Einkommensteuererklärung deklarieren. Langfristig investierende Anleger werden aber im Gegenzug bestraft, ihre Gewinne waren bislang steuerfrei, sie werden ab dem kommenden Jahr steuerpflichtig.
In vielen Fällen handelt es sich dabei sogar um eine "Scheingewinnbesteuerung", immerhin frisst die Inflation einen Teil der Gewinne auf. Je länger das Investment, desto höher die Besteuerung von Inflationsgewinnen. Für Aktienkäufe ab 1.1.2011 sollen also bereits die neuen Regeln gelten. Die gute Nachricht: Bei Aktien und sonstigen Wertpapieren mit Kaufdatum bis zum 31.12.2010 bleibt alles beim Alten. Daher der dringliche Ratschlag der Experten: Jetzt schnell kaufen!
Jetzt kaufen undSteuervorteil sichern
Die zu befürchtenden steuerlichen Verschärfungen für ab 2011 neu erworbene Aktien könnten zu einem wahren Börseboom führen. Wer jetzt kauft, sichert sich die steuerlichen Benefizien auf ewige Zeiten. Denn am 32. Dezember ist es für immer zu spät für steuerfreie Wertpapierdeals. Anleger sollten sich aber mit möglichst "sicheren" Wertpapieren eindecken. Ein Verlust aus einem Wertpapiergeschäft bringt in vielen Fällen auch keinen Steuerrabatt.
Jeder, der an der Börse handelt, weiß: Es gibt nicht nur tolle Wertsteigerungen, sondern auch - manchmal sogar drastische - Kursverluste. Während alle Kursgewinne künftig steuerpflichtig werden, sind Verluste - nach dem derzeitigen Gesetzesentwurf - nur sehr eingeschränkt steuerlich abschreibbar. Beispielsweise können nach dem Reformpaket Aktiengewinne nur mit Aktienverlusten und Wertsteigerungen aus Anleihen nur mit Verlusten aus diesen und nur im selben Jahr verrechnet werden. Der Verlust wirkt sich in vielen Fällen steuerlich beim Anleger nicht aus. Ein doppelter Verlust, die drastischen Auswirkungen der Verlustbremsen könnten der österreichischen Verfassung widersprechen.
Erich Wolf ist Wirtschaftsprüfer und Steuerberater in Wien.