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Jetzt rächt sich die monatelange Mutlosigkeit

Von Beate Meinl-Reisinger

Gastkommentare
Beate Meinl-Reisinger ist Klubobfrau der Neos.

Die Bundesregierung steht vor den Scherben ihres Corona-Managements.


Die jüngsten Entwicklungen und das Bild, das die Regierung dabei abgibt, erschüttern mich. Allen, die sich ein wenig mit der Corona-Pandemie auseinandergesetzten, war klar: Wenn wir es über den Sommer nicht schaffen, die Impfquote zu heben, steht uns eine vierte Welle bevor. Und diese Regierung, von Altkanzler Sebastian Kurz über Kanzler Alexander Schallenberg bis zu Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein, hat nichts dazu getan, um diese Situation zu vermeiden. Im Gegenteil: Aus Angst vor Gegenwind im oberösterreichischen Landtagswahlkampf wurde Corona über den Sommer für beendet erklärt und ausgeblendet.

Die Menschen wurden wie kleine Kinder von oben herab behandelt, von Kommunikation auf Augenhöhe ist nach wie vor nichts zu sehen - und damit auch keine Anreize, die die Menschen zur Impfung bringen. Ganz allein mit Eigenverantwortung geht es nicht, aber es rächt sich nun auch bitter, dass ÖVP und Grüne seit Beginn der Pandemie gar nicht auf Eigenverantwortung, sondern rein auf autoritären Stil gesetzt haben.

Vor einem Jahr haben wir bereits eine Impfkampagne mit Influencern vorgeschlagen. Seither haben wir regelmäßig neue Vorschläge unterbreitet: Impftermine, die an Ungeimpfte verschickt werden, Impflotterien, Impfangebote auf Kirtagen oder Festivals im Sommer. Es ist nichts passiert.

Wir stehen vor den Scherben des Pandemiemanagements. So viele Menschen engagieren sich seit Monaten, tragen alle Maßnahmen mit, lassen sich impfen - und trotzdem stehen wir vor der gleichen Situation wie vor einem Jahr. Die Geimpften dürfen aber nicht die Dummen sein! Da die Regierung offensichtlich nicht in der Lage ist, die Krise zu bewältigen, schlagen wir ein professionelles Pandemiemanagement bestehend aus Experten vor, die uns Maßnahmen aufzeigen, wie wir diese durchaus verhinderbare vierte Welle durchbrechen können.

Gleichzeitig hat die Regierung jedoch nicht die Ehrlichkeit zu sagen, wo wir sonst nicht gut dastehen: in der Bildung, in den Gesundheitsberufen, die sich völlig zurecht nicht ausreichend wertgeschätzt fühlen, in der Standortpolitik, mit hoher Steuern- und Abgabenlast, beim Föderalismus, bei der Digitalisierung. Corona hat uns das alles vor Augen geführt. Der Regierung fehlt offenbar der Mut, unser Land in die Zukunft führen zu wollen. Diese Woche wird im Parlament das Budget für das Jahr 2022 diskutiert - und dabei wird rasch klar: In die Zukunft wird nicht investiert.

Wie will die Bundesregierung dafür sorgen, dass Österreich auch noch in zehn Jahren wettbewerbsfähig ist? Dass der Standort Österreich attraktiv ist? Dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter endlich mehr verdienen und weniger kosten? Dass unsere Kinder die beste Bildung bekommen? Und Österreich ein echtes Vorbild in Sachen Klimapolitik wird?

All diese Fragen werden nicht beantwortet. Selbst die angekündigte Steuerreform wird nur ein Tropfen auf dem heißen Stein bleiben - solange die Kalte Progression nicht abgeschafft wird, die Lohnnebenkosten nicht gesenkt werden und endlich mutige Schritte hin zu einer echten Ökologisierung unseres Steuersystems angegangen werden, bleibt sie nur ein Drehen an kleinen Schrauben.

Wir können Österreich die Flügel heben. Aber dafür braucht es Regierungsparteien mit Mut, Veränderungswillen und Reformkraft. Diesen Mut, größere Schritte zu tun, vermisse ich.

Jeden Dienstag lesen Sie an dieser Stelle den Kommentar eines Vertreters einer Parlamentspartei.