"Rasches Handeln erspart schiefe Optik." | 22 Milliarden Euro Schaden pro Jahr. | Rust. Dass Firmen zu unlauteren Mitteln greifen, um begehrte Aufträge an Land zu ziehen, ist keine Seltenheit - auch nicht in Österreich. Bekanntermaßen gibt es vor allem im Infrastruktur-Sektor - etwa bei Bau- oder Telekommunikationsunternehmen - sowie im Gesundheitswesen ein hohes Korruptions-Potenzial. Experten sehen nun die Zeit gekommen, reinen Tisch zu machen.
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Anfang September ist die Neufassung des heimischen Anti-Korruptionsgesetzes in Kraft getreten. Dies sei eine Chancen, entsprechende Maßnahmen in Unternehmen zu setzen, so Rechtsanwalt Alexander Petsche von Baker & McKenzie am Freitag beim Jahresforum für Recht und Steuern des Business Circle im burgenländischen Rust. Firmen, die zuwarten, müssten später mit einer schiefen Optik rechnen.
Petsche berät Großunternehmen bei der Implementierung von Anti-Korruptionsprogrammen. In Österreich gebe es in diesem Bereich wenig Risikomanagement, so der Experte. Oft wäre es aber hilfreich, Vorstände darauf hinzuweisen, dass sie persönlich dafür haften, falls die Firmenorganisation nicht ausreicht, Rechtsverstöße der Mitarbeiter zu minimieren.
Abkehr von Korruption kein Geschäftsnachteil
Insbesondere wäre es fatal, so der Experte, wenn Unternehmen gezielt gesetzliche Schlupflöcher ausnutzen würden. Es sei kaum möglich, zwei verschiedene Firmenkulturen zu vereinen: Unternehmen, die sich Aufträge durch Bestechung angeln, hätten ihrerseits oft auch im eigenen Einkauf Mitarbeiter mit einem Naheverhältnis zur Korruption. Die Gefahr besteht, dass diese aus einem gelockerten Unrechtsbewusstsein heraus in ihre eigene Tasche wirtschaften.
Von der vielgehörten Begründung, Bestechung sei unumgänglich, um kein Geschäft zu verlieren, hält Petsche wenig. Eine Befragung bei börsenotierten Unternehmen in Deutschland habe gezeigt, dass diese nach der Umsetzung von Anti-Korruptionsprogrammen "keinen Cent weniger" verdienen. Oft existiere ein nicht hinterfragter Automatismus. Durchbricht man diesen, könnten sich die Mitarbeiter wieder mehr um die Produkte kümmern als um die Frage, wie man Korruption organisiert. Dass die jüngste Aufweichung des heimischen Anti-Korruptionsgesetzes die Reformfreudigkeit der Unternehmen bremsen könnte, glaubt Petsche nicht.
Walter Geyer, Leiter der Korruptions-Staatsanwaltschaft, glaubt, dass sich Firmen-Chefs künftig immer weniger aus der Verantwortung stehlen können. Schließlich gehe es bei Schmiergeldzahlungen im Unternehmensbereich um hohe Summen. Laut Geyer beträgt der durch Korruption angerichtete Schaden in Österreich 22 Mrd. Euro pro Jahr. Weltweit entfalle rund die Hälfe der geschätzten Gesamt-Bestechungssumme von jährlich 1000 Mrd. US-Dollar auf den privaten Unternehmensbereich.