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EU-Kommissar Barnier mahnt eine strikte Befolgung ein. | Banken verweisen auf bereits erfolgte Vorleistungen. | Brüssel. Vor gut einem halben Jahr hat die EU die weltweit strengsten Regeln für den Umgang mit Bonuszahlungen in Banken und Investmentfirmen erlassen. Damit wollte sie mit jener Praxis aufräumen, die Bankern für kurzfristige Gewinne enorme Prämien versprach. Schließlich wird darin ein Grund für die verheerende Finanzkrise gesehen.
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Mit Jahresbeginn 2011 ist die neue EU-Richtlinie für Kapitalanforderungen für Banken in Kraft getreten, welche auch die Boni-Regelungen umfasst. Diese treffen bereits in vollem Umfang sämtliche erfolgsabhängigen Vergütungen für das Geschäftsjahr 2010, wie es in Kommissionskreisen hieß - nur noch höchstens 20 bis 30 Prozent der Prämien dürfen sofort in bar ausgezahlt werden. Mit der Umsetzung durch die Aufsichtsbehörden kommt nun die Bewährungsprobe für das ehrgeizige Projekt.
Binnenmarktkommissar Michel Barnier rief den Banken kurz vor der Boni-Saison in Erinnerung, die Regeln peinlich genau einzuhalten. Er werde die Umsetzung strikt überwachen.
Zumindest die US-Banken JPMorgan Chase und Goldman Sachs sollen je rund 15 Milliarden Dollar (11,2 Milliarden Euro) für die Bezahlung ihrer Mitarbeiter auf die Seite gelegt haben. Europäische Spitzeninstitute wie Barclays und die Deutsche Bank geben ihre Geschäftsberichte und daher auch die Vergütungssummen erst im Februar bekannt.
Deutsche Bank hat sich bereits vorbereitet
Dabei erwarten die deutschen Marktführer keine allzu großen Auswirkungen der neuen Regeln mehr: "Die Deutsche Bank hat viele der Vorgaben der Regulierungsbehörden bereits für die Vergütungsrunde 2009 eingeführt", sagte ein Sprecher des Unternehmens. Dazu gehört ein "vernünftiges Verhältnis" zwischen dem fixen und den variablen Einkommensanteils. Die Umstellung habe je nach Gehaltshöhe zu einem 5- bis 30-prozentigen Anstieg des fixen Teils auf Kosten des variablen gebracht. Die gesamte Vergütungshöhe sei nicht gestiegen, betonte er. Mit diesen Vorgaben wollte die EU sicherstellen, dass bestimmte Kategorien von Mitarbeitern der Banken und Investmentfirmen nicht auf ihre Boni angewiesen sind und daher quasi zwangsläufig hohe Risken eingehen. Betroffen sind von den neuen EU-Regeln die Mitglieder von Vorstand und Geschäftsführung sowie Angestellte, die für das Unternehmen hohe Risken eingehen dürfen - etwa weil sie dazu ermächtigt sind, Geschäfte mit hohen Umsätzen zu tätigen. Die zweite Komponente der EU-Vorgaben ist die um drei bis fünf Jahre verzögerte Auszahlung von mindestens 40 Prozent der Prämien, um die Entscheidungen der Banker an ihren längerfristigen Erfolg zu koppeln.
Dieselbe Intention hat die dritte Regel: Mindestens 50 Prozent der Boni müssen in Aktien, Wandelanleihen oder ähnlichen Papieren ausgegeben werden, um den Prämienwert am Ergebnis des Unternehmens zu orientieren. Auch hier sieht die Deutsche Bank Vorleistungen: Große Teile der "variablen Vergütungen" würden um bis zu 3,75 Jahre verzögert und "in Aktien begeben", so der Sprecher.
Unklar ist, wie einsichtig Bob Diamond, Chef der britischen Barclays, sein wird: Die Banken sollten aufhören, sich für die Fehler zu entschuldigen, welche die Finanzkrise ausgelöst hatten, richtete er der Regierung unlängst aus. Am Ende können die Aufsichtsbehörden uneinsichtigen Instituten allerdings horrende Geldstrafen aufbrummen. Gültig sind die Regeln laut Kommissionsauskunft auch für die EU-Niederlassungen der US-Banken.