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Jö schau, da wächst eine Marktverwerfung!

Von Barbara Ottawa

Wirtschaft

Wieso Spekulationen am Kapitalmarkt schlecht sind - nicht unbedingt jene auf bestimmte Werte, sondern jene über Anlageinstrumente wie "Floaters".


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Dieser Artikel ist nicht für eine Veröffentlichung in den USA geeignet. Nach amerikanischem Recht müssen seit den 1930er Jahren nämlich sogenannte "zukunftsbezogene Darstellungen" ("forward looking statements") eines Geschäftsverlaufs mit Warnhinweisen versehen werden - vor allem wenn sie Worte enthalten wie: glaubt, erwartet, kann, wird, wird weiterhin, sollte, würde sein, versucht, rechnet mit und Ähnliches.

Um auf Nummer sicher zu gehen, klären viele Unternehmen in Präsentationen zwar über Risiken auf, schreiben aber gleichzeitig, dass das Dokument nicht für die Verbreitung in den USA und anderen Ländern mit ähnlich strengen Rechtsvorschriften geeignet ist. Also wagen wir einen Blick in die Zukunft, was uns erwartet, falls das US-Finanzministerium sich entschließen sollte, sogenannte "Floating Rate Notes" (FRN) auszugeben. Diese "Floater" sind Anleihen mit variabler Verzinsung. Der Zins kann zum Beispiel am Zinsniveau der US-Staatsanleihen oder am Libor, also jenem Aufschlag, den die Banken verlangen, wenn sie anderen Banken Geld borgen, festgemacht werden.

Der Vorteil für Investoren: Man kann sich damit gegen das Risiko steigender Zinsen in Zukunft absichern.

Seit das "Treasury", das US-Finanzministerium, im Herbst vergangenen Jahres zum ersten Mal darüber nachgedacht hat, solche "Floater" aufzulegen, laufen die Spekulationsforen heiß. Eine solche Emission - es wäre das erste Mal, dass das US-Finanzministerium FRN ausgibt - sei ein Zeichen dafür, dass in den USA ein deutlicher Anstieg der Inflation erwartet wird, der mit einer Zinsanhebung bekämpft werden müsste.

Ein kritischer US-Kommentator warnt auf dem Blog "Zerohedge", das sinkende Schiff besser jetzt zu verlassen. Doch die Alternative wäre ein Japan-Szenario, in dem Zinsen ewig niedrig bleiben und mit gewissen Anleihen nur negative Renditen erwirtschaftet werden könnten.

Das Investmenthaus Fidelity sieht FRN eher als Möglichkeit für das Finanzministerium und die "Fed" (die Zentralbank), angehäufte Schuldenbestände abzubauen.

Nach Großeinkäufen von Anleihen besteht das Problem, dass viele der Papiere zur gleichen Zeit ablaufen und bedient werden müssen. Eine Umstrukturierung der Verschuldung auf FRN könnte der Fed und dem US-Treasury helfen, die Schuldenlast besser zu verteilen. Andererseits wäre die Schuldenlast dann weniger berechenbar, denn man könne ja nicht wissen, wie sich die Zinskurve entwickelt. Darüber hinaus könnten die USA mit FRN den eigenen Staatsanleihenmarkt untergraben - was zu höheren Zinsversprechen führen könnte, die sich auch auf die Floater auswirken. Auch Unternehmen könnten sich bemüßigt fühlen, FRN aufzulegen, wenn die Nachfrage gegeben ist. Eine Entscheidung des US-Finanzministeriums wird in den nächsten Wochen erwartet. Investoren sollten sich unterdessen überlegen, ob solche Instrumente interessant für ihr Risikoprofil sind - denn dann kann "der Markt" auf der Basis von Angebot und Nachfrage funktionieren.

Barbara Ottawa ist freie Journalistin und berichtet vorwiegend über Investitionen und Pensionskassen.