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Job-Coaching für Junge

Von Christine Zeiner

Wirtschaft

Sein Traumberuf? Der junge Mann, der namentlich nicht genannt werden möchte, will schlicht Arbeit. M. kommt ein Mal pro Woche zur Beratungsstelle "Monopoli" für arbeitsuchende junge Erwachsene in der Gierstergasse im 12. Bezirk. Heidi Mayer, Beraterin und Psychologin, unterstützt ihn bei der Jobsuche. Sie sucht mit M. potenzielle Arbeitgeber, verfasst mit ihm seinen Lebenslauf und Bewerbungsschreiben, übt telefonieren und spielt mit ihm "Vorstellungsgespräche" durch.


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"Küchenhilfe gesucht, im 21. Bezirk, Vollzeit, Montag und Dienstag frei. Das gebe ich auf die Liste." Mayer liest auf der Homepage des Arbeitsmarktservice Stellengesuche mit M., der zuhause keinen Computer hat. "Hm. Da müßtest du auf Bäume steigen. Bist du schwindelfrei, traust du dich? - Ach ja, Gärtnerei magst nicht so."

Wer meint, eine Stelle als junger Hilfsarbeiter sei schnell gefunden, irrt, weiß Mayer. Sie übt seit 15 Jahren ihren Beruf aus: "Die Jugendschutzbestimmungen sind strenger geworden, und es gibt genügend erwachsene Arbeitslose, die auch nicht mehr kosten." Auch die Ansprüche der Arbeitgeber sind gestiegen. Wer keinen Hauptschul- oder Lehrabschluss vorweisen kann, hat es noch einmal so schwer, Arbeit zu finden.

Viele Unternehmen suchen mittlerweile in "Castings" die "besten" künftigen Lehrlinge. Es ist anders als bei "Starmania": Wer es dort nicht in die nächste Runde schafft, wird seinen Traum weiterträumen. Jugendliche, die bei Berufsauswahlrunden nicht weiterkommen, stehen hingegen ohne Job da. "Zentral durchgeführte Castings machen es schwieriger, Jugendliche, die vielleicht nicht die besten sind, unterzubringen. Da kann eine Filialleiterin im Einzelhandel einfach nicht mehr sagen: Probieren wir es halt trotzdem.", berichtet Erwin Tertsch, Sozialarbeiter im Monopoli. Diese Chance bräuchten manche der Jugendlichen, die er betreut. "Schon schlechte Noten sind bei der Jobsuche ein Problem." Vielen fehlt ein Hauptschulabschluss. Trotz ("alles ist besser als Schule") ist dabei nur ein Symptom. Die Ursachen können tiefer liegen - einige sind Probleme mit Eltern, Freunden oder Lehrern, Drogensucht oder Straffälligkeit.

Jugendliche ohne Pflichtschulabschluss können im Monopoli kostenlose Lernhilfe in Anspruch nehmen. K. fehlen Beurteilungen in Physik, Chemie und Mathematik. Zusammen mit zwei Burschen sitzt sie in der ersten Stunde des Mathematikunterrichts von Gudrun Haindl. Heute erklärt die Lehrerin ihren SchülerInnen, wie sie eine Strecke, einen Umfang und eine Fläche berechnen können. Sie zeichnet einen Kreis auf die Flipchart und hält einen kleinen Plastikzylinder in der Hand. "Diese Formel musst du spucken können", meint sie fröhlich. "In unseren Kleingruppen haben viele eher Erfolgserlebnisse als in der Schule. Hier müssen sie sich nicht vor einer großen Klasse beweisen", meint Tertsch.

Der Kurs von Haindl findet ein Mal wöchentlich zwei Stunden lang statt, konzipiert ist er für ein Jahr. Allerdings: Offiziell ist die Finanzierung, die das Bildungsministerium auch mit EU-Geldern bestreitet, noch nicht garantiert. "Das ist kein Monopoli-Spezialfall, anderen privaten Bildungseinrichtungen geht es ebenso", sagt Ernst Koller, Leiter der Erwachsenenbildung im Bildungsministerium, gegenüber der " Wiener Zeitung ". Geförderte Einrichtungen müssen laut Koller den EU-Anforderungen entsprechen, da 46% der Fördergelder vom Europäischen Sozialfonds stammen. Bis geklärt sei, ob die Anforderungen erfüllt werden, vergehe Zeit.

"Wir konnten den Kursbeginn nicht noch öfter verschieben", sagt Haindl. Die Jugendlichen hätten schließlich auf den Unterricht gewartet: Hier lernen sie, dass Lernen nicht nur Frust, sondern auch Freude an der eigenen Leistung bedeuten und Selbstbewusstsein bringen kann - und schließlich hoffentlich einen Arbeitsplatz.