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Job & Familie: Vom Spagat zum Drahtseilakt

Von Monika Jonasch

Wirtschaft

Die Corona-Krise hat die Anforderungen an Österreichs Familien erhöht. Die Arbeiterkammer fordert bessere Kinderbetreuung, Familienarbeitszeitmodelle und finanzielle Unterstützung für Familien in Not.


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Die Corona-Krise hat den Spagat zwischen Kinderbetreuung und Job zu einem Drahtseilakt gemacht", formuliert es AK-Präsidentin Renate Anderl am Dienstag vor Journalisten prägnant.

Die Arbeiterkammer Wien beauftragte vergangenes Jahr das Institut für Soziologie der Universität Wien mit einer qualitativen Längsschnittuntersuchung, welche die Vereinbarkeit von Beruf und Familie während der Corona-Pandemie von März bis Dezember 2020 beleuchtete.

Studienautorin Ulrike Zartler fasste das Ergebnis so zusammen: "Eltern standen von allen Seiten unter Druck, vom Arbeitgeber, von Schulen und Kindergärten wie von der Politik. Sie haben mit ihrer Anpassungsfähigkeit und Flexibilität die Starrheit anderer Institutionen und Akteure im Bildungsbereich und in der Arbeitswelt kompensiert."

Frauen stärker belastet

Sich ständig verändernde Rahmenbedingungen in Job und Familie, erhöhter Aufwand für unbezahlte Arbeit wie Kinderbetreuung und Haushalt sowie zusätzliche Betreuung, etwa beim Homeschooling, all das traf Frauen 2020 stärker als Männer. Besonders wirkte sich dies bei Alleinerzieherinnen aus, die bereits vor der Krise stärker belastet und eher armutsgefährdet waren.

Erhöhte Arbeitslosigkeit bei Frauen verschärft die Situation aktuell noch: Von den derzeit arbeitslosen Personen sind 211.630 Frauen. Ende April waren 65.919 von ihnen - das ist eine Steigerung um 30,2 Prozent! - langzeitarbeitslos.

Darüber hinaus hat Österreich auch noch eine Teilzeitquote von 27 Prozent, nur 9 Prozent davon sind Männer. Und diese bleiben nur zu 6 Prozent wegen ihrer Kinder zu Hause, hingegen ist dies für 38 Prozent der Frauen Grund für eine Teilzeitbeschäftigung, präsentierte der Chef des AMS, Johannes Kopf, nur vermeintlich "trockene" Zahlen.

"Frauen sind am Arbeitsmarkt zudem stärker betroffen, weil sie verstärkt im Handel und Tourismus beschäftigt sind, beides Branchen, die die Krise besonders heftig getroffen hat", führt Kopf aus und warnt vor einem Einbruch beim Lebenseinkommen und damit vor Altersarmut sowie vor reduzierten Jobchancen im Allgemeinen.

Hebel Kinderbetreuung

Die Kinderbetreuung müsse in Österreich dringend verbessert werden, sind sich AK wie AMS einig. Das würde auch mehr Frauen die Chancen auf Vollzeit und damit höhere Einkommen ermöglichen. Als Hindernis dafür identifiziert der AMS-Chef allerdings die Mängel bei der Kinderbetreuung, insbesondere bei den unter Dreijährigen. Ein Fünftel aller heimischen Kindergärten schließt bereits vor 14 Uhr, wobei hier ein starkes Stadt-Land-Gefälle zu beobachten sei.

Kopf unterstützte ausdrücklich eine Forderung der Arbeiterkammer auf ein Recht auf Kinderbetreuung ab dem ersten Geburtstag. "Das ist ein wesentlicher Hebel für die Beschäftigung von Frauen. Wir haben einen Fachkräftemangel im Land und verlieren hier wertvolle Arbeitskräfte", so der AMS-Chef. Auch Arbeitgeber müssten sich bemühen, etwa Väterkarenz stärker zu unterstützen.

Rechenbeispiel

AK-Präsidentin Anderl forderte eine politische Lösung zur Familienarbeitszeit. Mütter und Väter müssten sich etwa mit 30 Wochenarbeitsstunden Karriere und Erziehung aufteilen können. Das wäre mit entsprechender Kinderbetreuung und finanzieller Unterstützung möglich.

Anderl rechnet vor: Derzeit liegen Österreichs Aufwendungen für Elementarbildung bei 0,67 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Im EU-Durchschnitt sind es 0,98 Prozent. Würde Österreich seine Aufwendungen auf ein Prozent erhöhen, was einer Milliarde Euro im Jahr entspräche, könnten 32.000 neue Kindergartenplätze sowie fast 70.000 Plätze mit verlängerten Öffnungszeiten entstehen. Zusätzlich würden direkt in der Kinderbildung knapp 27.000 neue Jobs entstehen.

Je nach konjunktureller Entwicklung rechnet die AK zudem mit 18.000 bis 31.000 Menschen, die aufgrund der verbesserten Vereinbarkeit eine Tätigkeit aufnehmen oder ausweiten könnten. Dadurch würden wiederum 70 Prozent der Aufwendungen durch Steuern und Abgaben zurück zur öffentlichen Hand fließen. Es würde sich also lohnen.