Wichtiger als Titel: Persönlichkeit und Praxiserfahrung. | Sprungbretter: | | Wien. Journalist, Manager oder doch lieber Bankangestellter? Österreichs Uni-Absolventen sind orientierungslos. Kaum einer hat ein genaues Ziel vor Augen. Arbeitslosigkeit ist kein Problem des Arbeitsmarktes, es hapert an der persönlichen Einstellung, ist Thomas Stummer, Geschäftsführer des Personalberaters Stummer & Partner, überzeugt. "Die Wahl eines Studiums befreit nicht von der Verantwortung", ergänzt er.
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Sich in den Hörsaal zu setzen und auf den Traumjob zu warten, ist nicht sinnvoll. Die fetten Jahre sind eindeutig vorbei. Engagement und Eigeninitiative sind gefragt.
Wie ein roter Faden sollte sich der zukünftige Berufswunsch durch den Lebenslauf ziehen. Andrea Tschirf, Geschäftsführerin des Zentrums für Berufsplanung (zbp) der Wirtschaftsuniversität Wien (WU), rät den Studenten deshalb bereits während der Studienzeit Berufserfahrungen zu sammeln und die Praktika gezielt auszuwählen. "Nicht das Geld zählt, sondern die Erfahrung", meint die Expertin. Berufserfahrung ist wichtiger als ein schneller Abschluss und gute Noten, glaubt auch Irmgard Prosinger vom Personaldienstleister Trenkwalder.
Gefragt sind technische und wirtschaftliche Qualifikationen, tönt es aus den Reihen der Personalberater unisono. Betriebswirte sind immer ein Thema, Volkswirte in der betrieblichen Praxis jedoch schwer unterzubringen. Harte Konkurrenz bekommen die Wirtschaftswissenschaftler von Seiten der Fachhochschulen zu spüren. Diese punkten durch den direkten Kontakt zur Wirtschaft und durch ihre Praxiserfahrung, begründet Stummer.
Eine Wunderwaffe gibt es aber: SAP (Systeme, Anwendungen und Produkte in der Datenverarbeitung). Durch derartige Kenntnisse könne ein Student seinen Marktwert steigern, so Andrea Lehky vom Personalberater Manpower.
Andrea Tschirf (zbp) ortet einen leichten Aufwärtstrend bei den Absolventen der Wirtschaftsuniversität. Seit Jahresbeginn seien die Jobangebote um rund 30 Prozent gestiegen. Unternehmen suchen verstärkt nach Experten in den Bereichen Finanzierung und Controlling. Der Traumjob vieler WU-Absolventen liegt aber im Marketing. Jobangebote in diesem Bereich sind derzeit aber rar. Mit rund 4 bis 6 Monaten Suchzeit müsse ein Wirtschaftswissenschaftler im Schnitt rechnen bis er eine Stelle findet, ergänzt die zbp-Geschäftsführerin.
"Am Markt vorbei"
Für Geistes- und Humanwissenschaftler sehen die Berater schwarz. Der Markt wird von Psychologen, Politologen, Publizisten und Pädagogik-Absolventen überschwemmt, klagt der Geschäftsführer von Stummer & Partner. "Es wird am Markt vorbei produziert". Paradebeispiel: der Publizist. Kommunikationswissenschaftler seien schwer zu vermitteln, da den Absolventen grundlegende Eignungsvoraussetzungen fehlen. Oft hätten Publizisten keine Ahnung vom Texten oder könnten kein Kommunikationskonzept ausarbeiten, so der Experte.
Ein ganz anderes Problem sehen Experten bei den Juristen: Viele der Jus-Absolventen könnten nicht mit dem Computer umgehen und seien daher im Büro nicht einsetzbar. Denn das Studium der Rechtswissenschaft ist ohne Diplomarbeit abzuschließen. Nach Juristen herrsche deshalb auffallend wenig Nachfrage.
Was erhöht nun die Jobchancen? Englisch ist ein "must", meinen die Berater, ebenso die gängigen EDV-Programme. An einer Auslands- und Praxiserfahrung führt ebenfalls kein Weg vorbei. Cross-Qualifications - wie Wirtschaft und Recht - werden immer stärker von Seiten der Unternehmer nachgefragt. Andrea Lehky von Manpower empfiehlt daher eine konträre Studienrichtung zur Schulausbildung zu wählen. Eine heiße Kombination: Technik (HTL) und Wirtschaft (WU).
Thomas Stummer rät Wirtschafts-Absolventen zwei Jahre in den Vertrieb zu gehen. Dort könne man alles von der Pieke auf lernen und stehe ständig im Kontakt mit Lieferanten und Kunden. Ein weiterer Tipp: Die Stelle als Assistent der Geschäftsführung eignet sich hervorragend, um administrative und organisatorische Abläufe kennen zu lernen, erklärt Lehky. Auch kleinere Projekte können ein Karrierekick sein.