)
ÖVP-Wahlprogramm mit Fokus auf Wirtschaft und Familie.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 11 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Wien. Es gibt leichtere Aufgaben für einen Parteichef, dessen Partei seit 27 Jahren unablässig in der Regierung sitzt und der jetzt im Wahlkampf plötzlich grundlegende Reformen verspricht, auf die das Land - nach seinen Worten - schon lange wartet. Die naheliegende Frage dabei lautet: Warum erst jetzt?
Michael Spindelegger musste sich als Spitzenkandidat der ÖVP am Freitag dieser Herausforderung stellen. Und sein Auftritt verlief so routiniert und wenig überraschend, wie schon bisher diese Anlaufphase der Wahlauseinandersetzung angelaufen ist.
Die jetzige Regierung habe "zu wenig Reformeifer" gezeigt, weshalb die nächste eine "Reformregierung" sein müsse, erklärte der amtierende Vizekanzler bei der gemeinsamen Präsentation des ÖVP-Wahlprogramms mit Generalsekretär Hannes Rauch in der Parteiakademie in Meidling.
Vage Finanzierungspläne
für 700 Einzelmaßnahmen
Inhaltlich stehen Arbeitsplätze, Entbürokratisierung und Familie im Zentrum. Durch die Umsetzung von 700 Einzelmaßnahmen, die eine Arbeitsgruppe ersann, verspricht sich die Volkspartei die Schaffung von 420.000 neuen Arbeitsplätzen bis zum Jahr 2015 (auch wenn im gedruckten Parteiprogramm von 2018 die Rede ist). Konkret sollen die Unternehmensfinanzierung für den Mittelstand erleichtert und die Mitarbeiter an Gewinnen beteiligt werden; darüber hinaus soll es neue Investitionsanreize geben, die Gewerbeordnung entrümpelt und die Arbeitszeit flexibilisiert werden. Trotz dieser von schwarzer Seite geplanten "Entfesselung" der Wirtschaft steht die ÖVP einer generellen Sonntagsöffnung strikt ablehnend gegenüber.
Für die Familien verspricht die ÖVP einen jährlichen steuerlichen Absetzbetrag von 7000 Euro pro Kind (je 3500 Euro für jeden Elternteil). Die Kosten dafür beziffert Spindelegger mit 2,5 Milliarden Euro pro Jahr und er ist sich sicher, "dass wir uns das leisten werden können".
Auf rund 13 Milliarden Euro summiert sich die Ankündigung der Volkspartei, die Steuer- und Abgabenquote auf unter 40 Prozent zu senken (derzeit liegt diese bei geschätzten 44,6 Prozent). Konkrete Ansagen, wie diese Einnahmenverluste kompensiert werden sollen, blieb der wahlkämpfende Außenminister schuldig, er erwarte sich jedoch durch die Ankurbelung der Wirtschaft, die neuen Unternehmen und die höhere Zahl an Arbeitnehmern auch wachsende Einnahmen. Priorität soll hier jedoch zunächst die Sanierung des Budgets haben. Der aktuelle Budgetpfad der Regierung sieht dabei die Erreichung eines ausgeglichenen Haushalts bis 2016 vor.
Einmal mehr erfolgte auch die Absage an neue Steuerpläne, wie sie vor allem der Koalitionspartner SPÖ fordert.
SPÖ sieht Rückfall in "Schüssel-Grasser-Kurs"
Die politische Konkurrenz zeigt sich erwartungsgemäß nur wenig angetan von den ÖVP-Plänen: "Massive Verschlechterungen für Arbeitnehmer und einen Rückfall in die unseligen Schüssel-Grasser-Zeiten" sieht SPÖ-Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos im Wahlprogramm der ÖVP. FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache spricht von einem "Science-Fiction- beziehungsweise Fantasy-Programm" der Volkspartei, das BZÖ fragte sich, "wo denn die ÖVP im letzten Vierteljahrhundert" gewesen sei und das Team Stronach fühlte sich an ein Dejá-vu erinnert.