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John Kerry ist kaum noch zu bremsen

Von Rainer Mayerhofer

Politik

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Wenn in den nächsten Wochen nicht eine völlig unvorhersehbare Sensation eintrifft, werden die Amerikaner am 2. November zwischen dem amtierenden Präsidenten George W. Bush und Senator John F(orbes) Kerry zu wählen haben und es ist nach derzeitigem Stand gut möglich, dass Kerry nach John F. Kennedy, mit dem er nicht nur die Initialen JFK gemeinsam hat, sondern auch den Heimatstaat Massachusetts, als zweiter katholischer Präsident in das Weiße Haus einzieht.

Auf Kerrys Siegeszug, der mit dem unerwartet klaren Erfolg bei den ersten Vorwahlen in Iowa begann, sich in New Hampshire fortsetzte und am kleinen Super-Tuesday mit dem deutlichen Sieg in fünf Bundesstaaten und gutem Abschneiden in den restlichen beiden konsolidiert wurde, hätte noch zu Jahresbeginn niemand gewettet. Aller Augen waren auf Howard Dean gerichtet, der seit Monaten als Favorit gehandelt wurde. Allenfalls räumte man noch dem Ex-General Wesley Clark Chancen ein, als Herausforderer von George W. Bush anzutreten. Und Bush galt bis vor wenigen Wochen ohnehin als ungefährdet.

Inzwischen hat sich das Bild aber völlig gewandelt. Dean, der ebenso wie Bush polarisiert, ist nach virtuellen Umfragesiegen in allen bisherigen Wahlgängen klar unterlegen. Kerry, der neue Superstar der Demokraten, versteht es, seinenWählern den Eindruck zu vermitteln, dass er den amtierenden Präsidenten aus dem Amt drängen könnte. Mehrere Umfragen, die in den letzten Tagen veröffentlicht wurden, sehen den demokratischen Herausforderer im direkten Vergleich klar vor dem Präsidenten, der laut diesen Umfragen auch dem zweiten Sieger des Super-Tuesday, Senator John Edwards, knapp unterliegen würde.

Edwards zeigte sich nach seinem guten Abschneiden in South Carolina, wo er mit klarem Abstand Erster wurde, aber auch in Oklahoma, wo er Wesley Clark nur knapp unterlag, und in Missouri, wo er hinter Kerry mit 25 Prozent Rang zwei belegte und Howard Dean mit nur neun Prozent klar abhängte, optimistisch, dass er die Nominierung zum Präsidentschaftskandidaten noch schaffen könnte. Der sympathische 51-jährige Senator aus North Carolina, der aus ärmlichen Verhältnissen stammt und in seiner Wahlkampagne bisher auf jeden Angriff auf seine Mitbewerber verzichtet hat, gilt aber auch als möglicher Vizepräsident an der Seite John Kerrys. Zwar hat Edwards bisher betont, dass er nur für das Amt des Präsidenten kandidieren wolle, Politbeobachter halten es aber durchaus für möglich, dass er bis zum Parteitag der Demokraten Ende Juli in Boston doch noch mit der Nummer zwei zufrieden sein könnte. Die Chancen der Demokraten, Bush in die Wüste zu schicken, würden sich damit noch einmal erhöhen, da Edwards glaubt, besonders in den Südstaaten punkten zu können. Dass Kerry dort nicht so chancenlos ist, wie manche noch vor einer Woche befürchteten, hat er mit seinen guten Resultaten in Arizona und Oklahoma Oklahoma unter Beweis gestellt.

Und dass die Republikaner den großgewachsenen Senator aus dem Nordosten zu fürchten beginnen, zeigen zunehmende Angriffe, in denen Kerry als Ultraliberaler dargestellt werden soll. Wahrscheinlich werden sie ihm auch noch anhängen, dass er in Schweizer Schulen erzogen wurde und französisch spricht, spottete in der Wahlnacht der politische Chefanalyst von CNN, Bill Schneider.