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Die "Queen’s Speech" konzentrierte sich insbesondere auf den Brexit, auf Pläne zur Verbesserung des Gesundheitswesens und auf schärfere Law-and-Order-Maßnahmen im Land.
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Mit seiner zweiten Regierungserklärung binnen zehn Wochen hat Großbritanniens konservativer Premierminister Boris Johnson am Donnerstag neue Akzente für die Zukunft Großbritanniens zu setzen gesucht. Dabei sieht sich der Regierungschef offenbar schon als Sieger bei den nächsten, noch fernen Wahlen: Er könne sich, sagte er, ein "in zehn Jahren" völlig verändertes Land vorstellen.
Die "Queen’s Speech", die die nächsten vier bis fünf Jahre abdecken soll, konzentrierte sich insbesondere auf den kommenden Brexit, auf Pläne zur Verbesserung des Nationalen Gesundheitswesens und auf schärfere Law-and-Order-Maßnahmen im Land.
Bereits im Oktober hatte die Königin eine erste Regierungserklärung Johnsons im Parlament verlesen. Zu dieser Zeit verfügte der Regierungschef aber noch über keine Mehrheit im Unterhaus. Die damalige "Queen’s Speech" war eher ein Sammelsurium von Wahlversprechen der Konservativen. Nachdem die Tories sich bei dieser Wahl vorige Woche eine klare Mehrheit von 80 Sitzen holten, sah sich Johnson nun in der Lage, ein echtes Programm vorzulegen.
Keine übermäßige Formalität
Dabei war die Zeremonie etwas einfacher gehalten als die vom Oktober. Wegen des knappen zeitlichen Abstands zur letzten "Queen’s Speech" ersparte man Ihrer Majestät diesmal übermäßige Formalität.
Wie erwartet, bildete der Brexit einen Schwerpunkt der Regierungserklärung. Bereits heute Freitag soll das Ratifizierungsgesetz zum Austrittsvertrag mit der EU im Unterhaus eingebracht werden. Auch eine erste Abstimmung soll es geben, bevor das Gesetz in die Ausschuss-Phase und ins Oberhaus geht. Bis Mitte Jänner soll das Gesetz in Kraft sein, damit auch das EU-Parlament den Austrittsvertrag ratifizieren kann. Am 31. Jänner beendet Großbritannien dann formell seine Mitgliedschaft. Im Blick auf die danach vorgesehene elfmonatige Übergangsphase, in der weiter Binnenmarkts- und Zollunions-Regeln im Vereinigten Königreich gelten sollen, wird es allerdings eine zusätzliche Bestimmung geben. Das Gesetz soll festlegen, dass diese Phase nicht durchs Parlament verlängert werden kann.
Damit setzt Johnson der EU und sich selbst ein Ultimatum für die Aushandlung eines Freihandelsvertrags für die Post-Brexit-Ära. Für den Fall, dass dieser Vertrag vor Ende 2020 nicht zustande kommt, droht der Briten-Premier, sein Land vertragslos von der EU abzukoppeln - mit allen Konsequenzen, die das für beide Seiten hätte, allein schon im Grenzverkehr.
Im Zusammenhang mit dem EU-Austritt plant die Regierung außerdem ein neues Einwanderungsgesetz, das als Zuzügler nur noch "Fachkräfte" zulassen soll, die per Punktesystem ausgewählt werden sollen.
Ein weiterer Schwerpunkt betrifft neue Investitionen ins britische Gesundheitswesen. Die Regierung will sich gesetzlich verpflichten, für die Zeit bis 2023/24 rund 33 Milliarden Pfund extra im Jahr aufzuwenden. Schon im Wahlkampf versprach Johnson, 40 neue Kliniken bauen zu lassen und 50.000 Krankenschwester und Pfleger neu einzustellen. Diese Ankündigungen sind aber weithin auf Skepsis gestoßen.
20.000 Polizisten mehr
Johnson plant zugleich, 20.000 zusätzliche Polizisten einzustellen und der Polizei generell mehr Rechte zu verschaffen. Er will das Strafmaß für bestimmte Tätergruppen - "darunter Terroristen" - verschärfen und ein neues Gesetz gegen Spionage und Hochverrat einführen.
Just zum Tag der Londoner Regierungserklärung übermittelte die schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon dem Premierminister erstmals in schriftlicher Form ihre Forderung nach einem neuen schottischen Unabhängigkeits-Referendum. Sturgeon, die die Schottische Nationalpartei (SNP) führt, verlangt von Johnson die Bewilligung eines solchen Referendums im kommenden Jahr.
In ihrem reich dokumentierten Brief widersprach Sturgeon dem Argument Johnsons, die Schotten hätten sich beim Referendum von 2014 ja bereits gegen Unabhängigkeit ausgesprochen. Seither hätten sich "die Umstände geändert", meint die Schottin - nicht zuletzt, weil Schottland nun "gegen seinen Willen aus der EU gezerrt" werden soll.