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Bucher zur Wien-Wahl: Kandidatur des BZÖ ist nicht fix. | "Scheibner soll Landespartei neu aufstellen." | Zukunftsmusik: Mandate nur nach Vorzugsstimmen. | "Wiener Zeitung": Herr Klubobmann, wie zufrieden sind Sie mit dem öffentlichen Bild des BZÖ?
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Josef Bucher: Eigentlich sehr angesichts der Umfragen: Laut market liegen wir bei 7 bis 8 Prozent und laut Imas findet uns jeder Vierte sympathisch.
Medien berichteten zuletzt dagegen vorwiegend über interne Probleme beim BZÖ, etwa in Tirol oder in Wien.
In Tirol sind jetzt die Gerichte am Wort, um zu klären, was an den Vorwürfen gegen Landesobmann Gerhard Huber dran ist (Anstiftung zu einer Straftat; Anm.). Bis es soweit ist, wird Simon Huber - die Namensgleichheit ist Zufall - dem Tiroler BZÖ geschäftsführend vorstehen, mehr kann ich nicht machen. In Wien haben wir jetzt vier Jahre damit verbracht, Strukturen aufzubauen. Es ist alles andere als einfach, eine Bewegung aus dem Boden zu stampfen, wenn innerhalb kurzer Zeit viele Wahlen stattfinden. Deshalb wird der Aufbau hier noch einige Zeit in Anspruch nehmen.
In Wien wechselten zudem Obleute, Kandidaten und Positionen ständig. Und jetzt wird wieder ein neuer Spitzenkandidat für die Wiener Wahl 2010 gesucht.
Uns fehlen einfach die notwendigen finanziellen Mittel um große Wahlkämpfe und Kampagnen zu finanzieren, in Wien wirkt sich das besonders negativ aus. Aus diesem Grund ist ein bekannter Kandidat eine notwendige Voraussetzung, weil wir weder über die Zeit noch die Möglichkeiten verfügen, ein unbekanntes Gesicht bekannt zu machen. Derzeit werden die Strukturen unter Federführung von Herbert Scheibner völlig neu ausgerichtet, dieser Prozess wird noch bis Herbst andauern. Dann wird auch die Entscheidung fallen, ob wir überhaupt bei den Wiener Wahlen mit einem eigenen Kandidaten antreten oder nicht.
Bisher hieß es stets, man werde fix antreten.
Ohne die Gewissheit, dass wir uns das auch finanziell leisten können, kann ich dafür die Verantwortung nicht übernehmen. Einfach zu sagen, wir treten fix an, ist unseriös.
Scheibner soll also für Sie die Wiener Landespartei auf Vordermann bringen. In den letzten Jahren tobte ein erbitterter Machtkampf hinter den Kulissen zwischen ihm und Peter Westenthaler - ist dieser damit zugunsten Scheibners entschieden?
Herbert Scheibner ist mein Stellvertreter als Bündnisobmann, damit ist er als Wiener Abgeordneter auch für die Landespartei mitzuständig - er kennt die Strukturen, die Chancenpotenziale .. .
. . . und wird zumindest von einem Teil der Wiener Parteibasis abgelehnt.
Für solche Machtkämpfe ist kein Platz mehr. Es gibt eine klare Vorgabe der Bundespartei, wie wir uns inhaltlich und personell in den Ländern positionieren wollen. Ohne hundertprozentige Abstimmung mit dem Bund wird es auch keine Unterstützung geben. Mit Scheibner habe ich den Richtigen ausgewählt, der diesen Weg für Wien aufbereiten wird. Das schließt weder aus noch ein, dass er selbst die Landespartei übernimmt oder als Spitzenkandidat antritt.
Ihrem Anforderungsprofil würde Scheibner ja durchaus entsprechen: Er ist prominent und entspricht ihrer Vision von einem bürgerlich-liberalen BZÖ.
Er war einer der besten Klubobleute, der beste Verteidigungsminister, den dieses Land je hatte und er verkörpert den neuen Stil des BZÖ. Scheibner ist eine absolute Vertrauenspersönlichkeit in meinem Umfeld.
Welchen Platz wird dann Westenthaler einnehmen?
Die Plätze sind noch nicht endgültig verteilt, Westenthaler ist mein Stellvertreter als Klubobmann.
Westenthaler wurde rechtskräftig verurteilt: Würde es nicht der Respekt vor dem Rechtsstaat und seinen Institutionen gebieten, dass ein verurteilter Politiker - selbst wenn er das Urteil als ungerecht empfindet - von seinen Ämtern zurücktritt?
Diese Entscheidung hat höchstpersönlich der Abgeordnete selbst zu treffen, und Westenthaler hat klar gesagt, er denke in keinster Weise an Rücktritt. Diese Entscheidung ist zu respektieren. Zum anderen gibt es auch eine Reihe von Zweifeln, ob die Gerichte diesen Fall ordnungsgemäß abgewickelt haben.
Aber überwiegt nicht das Staatsinteresse, Politiker haben eine Vorbildfunktion, der Sie als Klubchef Nachdruck verleihen könnten?
Ich habe entschieden noch abzuwarten, wie der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte, den Westenthaler anrufen möchte, entscheidet. Das ist die letzte Instanz, danach werden auch Entscheidungen notwendig. Bis dahin werde ich keine Schritte setzen. Darüberhinaus darf man aber nicht vergessen, dass es viele vergleichbare Fälle in anderen Parteien gab, wo Politiker rechtskräftig verurteilt wurden, ich erinnere an Androsch oder Blecha. Natürlich ist das nicht vorteilhaft, aber Westenthaler ist selbst sehr engagiert, dass alle gegen ihn im Raum stehenden Vorwürfe geklärt werden. Dass sein Handy von der Polizei abgehört wurde, hat ja auch dazu beigetragen, dass es jetzt den Untersuchungsausschuss zu den Spitzelvorwürfen gibt. Es ist höchst beunruhigend, dass solche Dinge immer nur Oppositionspolitikern widerfahren - dem muss endlich einmal nachgegangen werden.
Glauben Sie, dass Ihre Vision von einem bürgerlich-liberalen BZÖ von allen in der Partei mitgetragen wird?
Ja, der Beleg dafür sind die 99,4 Prozent, die ich bei der Wahl zum Obmann im April erhalten habe.
Das Vorarlberger BZÖ ist aber weit rechts von der dortigen FPÖ, 2006 versuchte Westenthaler die Themen der FPÖ zu kopieren, dasselbe geschah auch beim Grazer Gemeinderatswahlkampf.
Das Programm der Vorarlberger Freunde kenne ich noch nicht, aber eine homogene neue Bewegung aufzubauen, braucht auch Zeit. Jörg Haider hat bei der Nationalratswahl 2008 das BZÖ als bürgerliche Kraft ausgerichtet, das ist auch mein Weg - es ist kein Zufall, dass Haider mich als Klubobmann wollte. Ich bin überzeugt, dass Österreich eine Bürgerbewegung braucht. In den letzten Jahren sind uns nur die vielen Wahlen dazwischen gekommen. Das BZÖ muss eine Alternative zu den etablierten Kräften sein, die immer nur die Partei in den Vordergrund stellen. Bestes Beispiel dafür ist die ÖVP und wie sie mit dem Vorzugsstimmengewinner Karas bei der EU-Wahl umgegangen ist.
Bei der Auswahl der bisherigen Spitzenkandidaten hat das BZÖ den Bürgern aber auch nicht viel Mitsprache eingeräumt. Das waren ausnahmslos Entscheidungen des engsten Führungskreises, wenn nicht sogar von Haider alleine.
Ich weiß, aber mein Zukunftsszenario ist ein anderes. Für Tirol wünsche ich mir etwa, dass alle Sympathisanten an der Auswahl des künftigen Obmanns mitwirken. Die große politische Linie bleibt aber Sache der Bundespartei. Die Kandidaten aber sollen von den Sympathisanten bestimmt werden und über ein Mandat sollen allein die Vorzugsstimmen entscheiden.
Dieses Prozedere könnten Sie ja bei der Wien-Wahl anwenden - wenn das BZÖ überhaupt antritt.
Ja, das wäre meine Vision. Wenn wir eine Bürgerbewegung sein wollen, dann müssen wir Politik mit den Bürgern machen, sie mitbestimmen lassen.
Sie sprechen vom BZÖ als liberaler Bürgerbewegung: Worin besteht diese Liberalität?
Das Wirtschaftsliberale besteht darin, dass ich die Unternehmen von den Zwängen des Kammerstaats und der überbordenden Bürokratie befreien möchte. Der ÖVP ist dies bei der Industrie gelungen - die kleinen und mittleren Wirtschaftstreibenden sind dieser Partei allerdings längst egal: Die ÖVP macht nur noch Politik für Banken und Konzerne. Wir werden uns aber auch gesellschaftspolitisch in Zukunft nicht mehr ganz so konservativ präsentieren. Ich möchte diese alten Zöpfe abschneiden.
Das heißt ein oranges Ja zur Homo-Ehe?
Für mich ist das kein Tabuthema, mehr möchte ich dazu jetzt aber nicht sagen. Wir werden aber auch in anderen Bereichen eine moderne, visionäre Partei für die Zukunft werden. Das betrifft insbesondere den massiven Ausbau der erneuerbaren Energien.
In Kärnten sorgt dieser Tage eine geplante Ausstellung über Jörg Haider für Aufregung. Können Sie verstehen, dass Nicht-BZÖler der kultischen Verehrung Haiders ratlos gegenüberstehen?
Haider ist der Gründervater des BZÖ, der die gleiche Rolle einnimmt, wie dies Kreisky für die SPÖ tut. Seine Visionen sind die Leitlinien für unsere Politik in den nächsten Jahren. Wir haben uns auch nie darüber aufgeregt, dass die Kreisky-Stiftung eine Kreisky-Ausstellung organisiert.
Zur PersonJosef Bucher (43) wurde in Friesach geboren und stammt aus einer Hoteliersfamilie. Der Touristikkaufmann zog 2002 in den Nationalrat für die FPÖ ein, wechselte nach der Spaltung jedoch zum BZÖ. Nach den Wahlen 2008 stieg Bucher zum Klubobmann auf, 2009 wurde er zum Bundesobmann gewählt.