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Jörg Haiders Hypo-Wunschkonzert

Von Stefan Melichar

Wirtschaft

Schuster: Bank hat "auf Zuruf" Projekte finanziert. | Kulterer: War nicht zum Schaden der Hypo. | Klagenfurt. Sie wünschen, wir spielen - so oder ähnlich hat sich offenbar der verstorbene Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider die Rolle der Landespolitik bei der Hypo Group Alpe Adria vorgestellt. | Dossier: Der Hypo-Skandal


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Schenkt man den Aussagen der langjährigen Hypo-Vorstände Wolfgang Kulterer und Jörg Schuster am Mittwoch im Untersuchungsausschuss des Landtags in Klagenfurt Glauben, dürfte es nach dem Landeshauptmann-Wechsel im Jahr 1999 zu einem radikalen Schwenk im Umgang der Politik mit der damaligen Landesbank gekommen sein.

Bis 1999 sei die Arbeit "sehr angenehm" gewesen, so Kulturer, der damals bereits sieben Jahre lang Vorstand der Hypo gewesen ist. Die Bank sei durch die damalige Landesregierung "sehr in Ruhe gelassen" worden. Mit Haiders Amtsantritt wäre es dann "nicht einfach" gewesen, man habe sich in gewissen Bereichen "arrangieren" müssen. Noch klarere Worte findet Kulterers 2003 ausgeschiedener Vorstandskollege Schuster: Die Hypo habe "auf Zuruf finanziert". Er sei in viele Dinge nicht eingebunden gewesen, habe aber per Zufall Rechnungen gesehen. So hat laut Schuster die Hypo zum Beispiel "tausende Euro" für einen Empfang der Kärntner Wirtschaft auf der Seebühne am Wörthersee bezahlt. Derartige Finanzierungen seien jedoch nicht offiziell als Sponsoring ausgewiesen, sondern "unter dem Tisch" abgewickelt worden. Warnungen an die Spitzen des Aufsichtsrats seien ungehört geblieben. Verantwortlich für die Geschäfte wäre Kulterer gewesen.

Unsaubere Geschäftein Abrede gestellt

Letzterer bestreitet unsaubere Aktivitäten und wehrt sich gegen den Vorwurf, Erfüllungsgehilfe Haiders gewesen zu sein. Es gebe "klare Verträge" zu den Sponsorings, so Kulterer, der 2006 nach einer Affäre um die Bilanzierung von Spekulationsverlusten an die Spitze des Aufsichtsrats der Bank gewechselt und 2007 endgültig ausgeschieden ist. Die von der Politik gewünschten Projektfinanzierungen, die durchgeführt worden sind, wären durchaus zum wirtschaftlichen Vorteil der Hypo gewesen. Als Ausnahme gelte das - hoch defizitäre - Schlosshotel Velden.

Was den umstrittenen Verkauf der Hypo-Mehrheit an die Bayerische Landesbank im Jahr 2007 anbelangt, betont Kulterer, dass es dabei keinerlei Insider-Geschäfte gegeben habe. Zur Erinnerung: Die Staatsanwaltschaft München ermittelt, da möglicherweise die damalige BayernLB-Spitze absichtlich um 400 Millionen Euro zu viel für die Kärntner Bank auf den Tisch gelegt haben soll - es gilt die Unschuldsvermutung. Eine prominente Investorengruppe rund um den späteren Hypo-Chef Tilo Berlin hat bei dem Deal innerhalb weniger Monate massive Gewinne eingefahren.

Kulterer hat am Mittwoch im U-Ausschuss bestätigt, bereits am 14. Dezember 2006 den damaligen BayernLB-Chef Werner Schmidt angerufen und gefragt zu haben, ob er nicht doch Interesse hätte, "mit uns zu reden". Am 14. Dezember war der Berlin-Einstieg bei der Hypo zwar so gut wie besiegelt, das Geld für die geplante Kapitalerhöhung aber noch nicht überwiesen. Die Frage ist, ob Berlin bereits wusste, dass er wenig später gewinnbringend an die Münchner Bank verkaufen kann. Damals habe es, so Kulterer, aber noch kein Interesse seitens der Bayern gegeben. Überhaupt habe es sich nur um ein "Privattelefonat", eine "Spontanreaktion" gehandelt.

Wirtschaftsprüfermit Mega-Honorar

Für Aufsehen sorgte am Mittwoch auch Kulterers Aussage bezüglich des Engagements des Kärntner Wirtschaftsprüfers Dietrich Birnbacher: Dieser sei auf Anregung von Wirtschaftslandesrat Josef Martinz (ÖVP) mit der Verhandlungsführung zwischen der Kärntner Landesholding und der BayernLB betraut worden. Haider habe ihm mitgeteilt, Birnbachers Honorar belaufe sich auf 100.000 Euro, so Kulterer. Später hat sich herausgestellt, dass Birnbacher - seines Zeichens ein früherer Steuerberater Martinz - zwölf Millionen Euro kassieren sollte. Nach Auffliegen des Skandals verzichtete der Wirtschaftsprüfer auf die Hälfte des Honorars.

Kulterer gab sich im U-Ausschuss Mühe, der BayernLB die Schuld am Zusammenbruch der Hypo im Jahr 2009 zu geben. "Ich verstehe nicht, wie die BayernLB Schadenersatzforderungen stellen kann", so der Ex-Hypo-Chef. Umgekehrt müssten das Land Kärnten und die Grazer Wechselseitige Schadenersatz von der Münchner Bank einklagen. Diese hätten die Hypo "planlos" weiterwachsen lassen und wären auf unverantwortliche Weise mit ihrem Eigentum umgegangen.

Auffallend ist der Mangel an schriftlichen Aufzeichnungen seitens der Zeugen: Kulterer erklärt, er habe bei seinem Ausscheiden aus der Bank keine Unterlagen mitgenommen. Leider sei im Vorjahr ein "gewichtiger Teil" davon geschreddert worden.