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Josef Burg 1909 · 1999

Von Rainer Mayerhofer

Politik

Jerusalem · Der aus Dresden stammende israelische Altpolitiker Josef Burg, Gründer der Nationalreligiösen Partei und mit 35 Jahren Regierungstätigkeit der Minister mit der längsten Amtszeit | ist in der Nacht zum Freitag im Alter von 90 Jahren gestorben.


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Salomon Josef Burg wurde am 31. Jänner 1909 als Sohn eines Weingroßhändlers in Dresden geboren, wo er zunächst das humanistische Gymnasium und anschließend in Berlin das Rabbinerseminar und die

Universität besuchte. 1933 promovierte er in Leipzig zum Dr. phil und erhielt ein Jahr später die Lehrbefugnis an Mittelschulen. Den Schuldienst mußte er bald verlassen und er engagierte sich in der

zionistischen Bewegung. Von 1935 bis zu seiner Emigration im Jahr 1939 gehörte er dem Palästinabüro in Berlin an. 1939/40 war er in Genf an leitender Stelle an der Organisation illegaler Einwanderung

europäischer Juden in Palästina beteiligt. von 1939 bis 1951 war er Mitglied des Zionistischen Welt-Rates.

1940 emigrierte Burg, dessen Mutter in Theresienstadt umkam, selbst nach Palästina, wo er bis 1946 am Herzl-College lehrte und dann bis zur Staatsgründung im Jahr 1949 mit Sonderaufträgen · vor allem

im Bildungsbereich · in Europa tätig war.

Josef Burg, in den fünfziger Jahren der Begründer der Nationalreligiösen Partei, die oft das Zünglein an der Waage spielte, gehörte seit der Staatsgründung im Jahr 1949 dem israelischen Parlament

(Knesset) an. Sein Mandat legte er erst 1988 zurück, als er sich aus der aktiven Politik zurückzog. Er war ab 1951 mit Unterbrechungen bis 1986 immer wieder Regierungsmitglied, zuerst als

Stellvertretender Gesundheitsminister, von 1952 bis 1959 als Postminister und von 1959 bis 1970 als Sozialminister. Unter Golda Meir wechselte Burg im Herbst 1970 auf den Posten des Innenministers,

den er mit einer kurzen Unterbrechung bis 1976 und dann wieder ab Juni 1977 unter dem Likud-Minister-Ministerpräsidenten Menachem Begin bekleidete. Burg wurde unter Begin auch Chef der

Verhandlungsdelegation, die über eine Autonomie der Palästinenser verhandeln sollte, konnte aber in dieser Frage keine Fortschritte erzielen.

1981 übernahm er zusätzlich zum Innen- auch das Religionsministerium. Obwohl die Nationalreligiösen bei den Wahlen 1981 und 1984 erhebliche Verluste eingefahren hatten und ihre Mandatszahl von

ursprünglich 12 auf vier zurückgegangen war, wurden sie auch an der großen Koalition zwischen Likud und Arbeiterpartei beteiligt, Burg wurde Minister ohne Geschäftsbereich. 1986 trat er beim

vereinbarten Amtswechsel von Shimon Peres zu Jitzhak Shamir von seinem Posten zurück.

Burg, der als Mann mit umfassender Bildung galt, und neben dem Talmud auch Goethe, Schiller und andere deutsche Klassiker in seinen Reden zitiert hat, wurde 1997 mit der Errichtung eines Lehrstuhls

für "Erziehung zu Ethik, Toleranz und Frieden" an der Bar-Ilan-Universität in Ramat Ghan geehrt, dessen Finanzierung der Freistaat Sachsen und Burgs Geburtsstadt Dresden übernahmen. Er gehörte auch

dem siebenköpfigen Schweizer Holocaust-Fonds an.

Josef Burg hat zwei Töchter und einen Sohn Abraham, der derzeit als Vertreter der Arbeiterpartei Präsident des israelischen Parlaments ist.