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Josef Pröll, der Kürfürst

Von Ferdinand Karlhofer

Gastkommentare

Es ist das bekannte Ablaufmuster in der ÖVP: Wird die Chefrolle vakant, noch dazu unerwartet, dann bringen sich Bünde und Länder in Stellung und loten ihre Chancen aus. Die Machtkämpfe bringen Leben in die Partei, haben aber auch ihren Preis: Beim am Ende präsentierten Sieger handelt es sich nicht immer um den Besten, sondern um einen Kompromisskandidaten.


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Kommt noch dazu einer mit allzu knappem "kleinsten gemeinsamen Nenner" zum Zug, dann hat er vom Start weg kein leichtes Leben. Erhard Busek ging es so, auch Wilhelm Molterer. Wolfgang Schüssel durchschiffte Skylla und Charybdis so - und nur so - gesehen mit bewundernswertem Geschick.

Dem latenten innerparteilichen Kannibalismus Einhalt zu gebieten - und letztlich auch die Richtung zu bestimmen -, obliegt abseits der bündischen Querelen der dominanten Landesorganisation. So wie für die SPÖ Wien, so ist in der ÖVP Niederösterreich das Flagg schiff. Pröll (der Onkel) hat zwar als Vorsitzender der Landeshauptleutekonferenz zuletzt nicht wirklich mit strategischem Geschick überzeugt. Unbeschadet davon hat bei der Kür des Nachfolgers von Pröll (dem Neffen) sein Wort Gewicht.

Jetzt, da der Neffe geht, werden aber auch Kontraste sichtbar. Josef Pröll wird aller Voraussicht nach als eher unauffällige politische Persönlichkeit in der Parteigeschichte firmieren. Sein freundliches, Ruhe und eine gewisse Gemütlichkeit ausstrahlendes Verhalten hat ihm nicht wirklich Punkte in der öffentlichen Meinung eingebracht, der notorisch ramponierten politischen Kultur des Landes aber keinen schlechten Dienst erwiesen.

Dass er als Koordinator der sogenannten "Perspektivengruppe" der ÖVP, einer Partei mit stark katholisch-konservativer Schlagseite, mehr Offenheit und Liberalität zu verleihen versucht hat, ist (leider) in der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen, von Teilen der Partei sogar vehement angefeindet worden. Der Typus des ruhigen, überlegten Politikers ohne besonderes Charisma entspricht nun einmal nur sehr eingeschränkt der ultimativen Hype und Überspitzung von politischen Streitfragen erwartenden Mediengesellschaft.

Was kommt nun auf die ÖVP zu? Ein paar der Koordinaten haben sich verändert: Anders als vielfach erwartet wird diese Koalition wohl bis zum Ende der Legislaturperiode durchdienen - weder ÖVP noch SPÖ können sich von einer Neuwahl schon 2012 einen Gewinn versprechen. Die ÖVP wird heute, Donnerstag, einen Nachfolger präsentieren. Heißt dieser (wie allgemein erwartet) Michael Spindelegger, dann ist in puncto Offenheit und Liberalität Kontinuität gegeben, vor allem auch Berechenbarkeit für den Koalitionspartner. Wer allerdings auf Pröll folgt, das wird federführend bestimmt von Pröll.

Ferdinand Karlhofer ist Leiters des Instituts für Politikwissenschaft der Universität Innsbruck.