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Der ORF spielte noch für jede Regierung der vergangenen 50 Jahre eine herausgehobene Rolle, und keine Partei handelte dabei je uneigennützig. So gesehen fungiert die größte heimische Medienorgel auch als großer Gleichmacher der Parteien.
Dabei ist unbestritten, dass die digitale Revolution auch vor dem ORF nicht Halt macht. Deren Auswirkungen machen eine grundsätzliche Debatte über die Rolle und das Selbstverständnis des ORF nicht nur legitim, sondern demokratiepolitisch hoch notwendig: Die Frage, wie ein Staat mit 9 Millionen Einwohnern seine eigene Öffentlichkeit innerhalb eines gemeinsamen Sprachraums von 100 Millionen organisiert, ist von eminenter gesamtgesellschaftlicher Bedeutung - und dem ORF kommt dabei eine Schlüsselrolle unter anderen zu.
Die Finanzierungsfrage steht dabei eigentlich nicht im Zentrum, ein Blick auf Europa zeigt, dass es ein funktionierendes öffentlich-rechtliches Programm sowohl mit Gebühren wie auch mit Mitteln aus dem Budget geben kann. Dass die FPÖ auf die Abschaffung der GIS-Gebühr und für eine Finanzierung aus dem Budget drängt, hat parteitaktische Gründe. Der Anteil derjenigen, denen die Gebühr ein Ärgernis ist, dürfte zwischen 30 und 40 Prozent der Bürger pendeln. Denen macht allein die FPÖ mit ihrer Fundamentalkritik am ORF ein Angebot.
Und die FPÖ befindet sich dabei in einer Win-win-Situation. Für den unwahrscheinlichen Fall, dass sie sich durchsetzt, ist sowieso alles wunderbar. Falls nicht, gibt sie weiter den Rächer der Enttäuschten.
Die ÖVP kann in dieser Auseinandersetzung nur verlieren. Mit dem Schreckbild einer unliebsamen politischen Übernahme lässt sich eine breite Front für den ORF von ganz weit links bis tief ins bürgerliche Lager mobilisieren. An der Seite der FPÖ würde es die Volkspartei also mit großer Sicherheit zerreißen und der Konkurrenz hochwillkommene Munition in Form von Putin-, Erdogan oder Orban-Vergleichen liefern. Dass die Länder ihr Nein zu einer Abschaffung der GIS-Gebühr schon deponiert haben, passt in dieses Bild. Rund 150 der 920 Millionen Euro aus der Gebühr fließen an sieben Länder (V und OÖ verzichten), 620 Millionen gehen an den ORF.
So gesehen spricht recht viel für eine Beibehaltung der Gebühren. Doch diese Frage ist eigentlich Spiegelfechterei. Für die Republik ist entscheidend, dass der ORF die Strukturen und Möglichkeiten hat, um den bestmöglichen unabhängigen und kritischen Journalismus auf der technischen Höhe der Zeit sicherzustellen. Wie, darüber lohnt eine öffentliche Debatte. Aber das ist natürlich viel mühsamer, als über die Abschaffung oder Beibehaltung der GIS-Gebühr zu streiten.