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Nein, wir befinden uns nicht in den Fünfziger Jahren, sondern im Heute. Und dennoch gab es im ORF-Stiftungsrat eine Abstimmung darüber, ob die Stiftungsratsmitglieder am Rande der Sitzung mit Journalisten reden dürfen oder nicht.
Ernsthaft? Ja, ernsthaft. Denn die Sitzungen des Kontrollgremiums des ORF sind aus wenig nachvollziehbaren Gründen nicht öffentlich, was bei einem Unternehmen, das jährlich mehr als 600 Millionen Euro Gebührengelder verwaltet, schon an sich eher fragwürdig ist. Dass man dann aber den vor der Türe auf Informationen wartenden Journalisten auch noch verbieten will, ihren Job zu machen, ist schon unter der Kategorie "dreist" einzureihen. Dazu kommt, dass jemand, der ernsthaft glaubt, dass man Inhalte bei Sitzungen mit mehr als 40 Personen geheim halten kann, vermutlich gedanklich auch noch nicht ganz im Jahr 2015 und seinen Kommunikationswegen angekommen ist.
Wie auch immer, das Ansinnen ist Geschichte, denn der Stiftungsrat wies es mit 17 zu 16 Stimmen bei zwei Enthaltungen ab. Bemerkenswert dabei ist nicht nur das knappe Ergebnis, sondern auch, dass es eine schwarz-blaue Mehrheit (mit zwei roten Zaungästen) war, die es zu Fall brachte. Die SPÖ-Fraktion, die seit Jahrzehnten keine einzige Abstimmung im Stiftungsrat oder Kuratorium verloren hatte, musste die erste Niederlage einstecken. Das zwar bei einem Randthema, doch interessant ist das schon. Auch wenn am Tag danach etliche Räte bemüht waren, die Sache herunterzuspielen: Immerhin steht 2016 die Neuwahl der ORF-Geschäftsführung an.