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József aus der Puszta ist schon da

Von Claudia Peintner

Wirtschaft
Viele "pendeln" zu Fuß aus dem 800-Einwohner-Dorf Zsira nach Lutzmannsburg. Foto: Pessenlehner

Im Burgenland arbeiten bereits jetzt 8000 Ungarn. | Lokalaugenschein bei Bademeistern und Feldarbeitern. | Lutzmannsburg. Ins Burgenland führen viele Wege. József nimmt täglich jenen von Köszeg über die Grenze nach Lutzmannsburg. Zwei Kilometer pendelt der Kellner, der ursprünglich aus der Puszta stammt, zu seinem Job. Der zweifache Vater arbeitet seit 2003 in einem Lokal entlang des Straßendorfes, das für seine Familientherme bekannt ist. | 'EU soll Standards für Arbeit und Soziales garantieren' | Ungarn: 'Warum sollte ich meinen Preis drücken?'


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Im Burgenland verdient Joschi, wie er von seinen Kollegen genannt wird, um zwei Drittel mehr als zu Hause. "Durch die Arbeitsmarktöffnung werden viele weitere Ungarn herbeieilen", mutmaßt József kurz im Vorbeigehen. Welche, das wisse er nicht.

Zum Stichtag wird der 1. Mai, der Tag der Arbeitsmarktöffnung nach Osteuropa, aber nicht werden. Bereits jetzt arbeiten 8000 Ungarn im Burgenland, neun Prozent aller Beschäftigten.

Die Marillenknödel liegen neben dem roten Paprika am Restaurantbuffet. Frau Erika hinter der Schank des Hotels Sonnenpark ist Ungarin, der Masseur und der Bademeister der Therme Lutzmannsburg sind ebenfalls Ungarn. Auch Hoteldirektorin Anita Kitzwögerer ist Ungarin.

Geld und Lob

Auf dem Schreibtisch der 42-Jährigen landeten im vergangenen Monat über 50 Bewerbungen aus dem Nachbarland, deutlich mehr als bisher. Die angestrebten Positionen: Küchenhilfe, Reinigungskraft. "Nur wenige können gutes Deutsch vorweisen. Das ist jedoch ein Muss, um bei uns zu arbeiten", betont Kitzwögerer, die vor zwanzig Jahren ihr BWL-Studium abbrach und ins Burgenland aufbrach.

Im Vergleich zu ihrer Heimat spreche nicht nur das Gehalt für Österreich. "Als Mitarbeiter wirst du hier mehr wertgeschätzt, die Abrechnung der Überstunden und Arbeitnehmerrechte werden ernst genommen", sagt die Hotelchefin. Etwas anderes zu hören bekommen hingegen die Berater von IGR, einem Projekt der österreichisch-ungarischen Gewerkschaften.

Fast wöchentlich finden von Neusiedl bis Oberwart Sprechstunden für ungarische Mitarbeiter statt. Es scheint, als ob die bevorstehende Arbeitsmarktöffnung den Erntehelfern & Co. Mut machen würde, endlich ihr Herz auszuschütten: "Vor allem die ausländischen Mitarbeiter aus der Landwirtschaft klagen über katastrophale Arbeitsbedingungen", erzählt die IGR-Beraterin Esther Toth.

In den Landwirtschaftsbetrieben - speziell rund um den Neusiedlersee - sei es gängige Praxis, dass die Leute für 20 Stunden angemeldet werden, aber 60 Stunden arbeiten. Ein 13. und 14. Gehalt habe das Konto nie gesehen. Auch im Krankenstand gebe es kein Geld. Statt sechs zahlt man drei Euro auf die Hand.

Die Situation könnte sich ab Mai verschärfen. "Wir gehen davon aus, dass die Nachfrage nach Jobs hoch sein wird, die Arbeitsplätze werden nicht in dem Ausmaß wachsen", so Toth. Ein Verdrängungswettbewerb könnte folgen. Neu ankommende Ungarn könnten zu noch billigeren Preisen arbeiten - besonders dort, wo weder Fachkenntnisse noch Deutsch notwendig seien, so die Befürchtung.

Ungarns TV auf Besuch

Noch geht es gemächlich zu in der fast 900-Einwohnergemeinde. Der Greisler im Ort hält bis 15 Uhr Mittagspause. In den Hinterhöfen bellen Hunde. Der Bäcker sitzt bei Frühlingssonne auf einer Parkbank. Auch das ungarische Fernsehen sei bereits hier gewesen, erzählt der Herr mit Brille. Er selbst bekam auch Briefe von Westungarn. "Ich mache alles", stand drauf. Verfasst von Leuten mit Studium. Das sage schon alles, so der Unternehmer, der wenig erfreut über die Arbeitsmarktöffnung ist: "Viele arbeiten bereits jetzt zu Dumpingpreisen." An der Backstube gegenüber hängt ein Firmenschild mit fremdklingendem Namen. Die Großmutter des Bäckers hatte selbst einen ungarischen Pass. Noch aus der Zeit vor 1920, als das Burgenland zu Ungarn gehörte.

Arbeitsmarktöffnung

Ab 1. Mai haben Arbeitnehmer aus acht neuen EU-Staaten freien Zugang zum Arbeitsmarkt in Deutschland und Österreich. Die Arbeitnehmerfreizügigkeit gilt für Polen, Ungarn, Tschechen, Slowenen und Slowaken sowie Arbeitnehmer aus Estland, Lettland und Litauen. Ausgeschlossen bleiben bis Ende 2013 Rumänien und Bulgarien. Schon 2010 arbeiteten knapp 100.000 Menschen aus den acht EU-Staaten in Österreich. Erst durften Schlüsselkräfte ins Land, dann Saisonarbeiter in Landwirtschaft und Tourismus, Pfleger, Metaller und schrittweise Arbeiter für 60 weitere Mangelberufe. Laut Experten werden ab Mai nur 20.000 bis 25.000 Osteuropäer auf den heimischen Arbeitsmarkt drängen.

Dossier: Arbeitsmarktöffnung