"Die Parole meiner Regierung lautet: Soziale Gerechtigkeit, wirtschaftliche Unabhängigkeit und politische Souveränität", verkündete der soeben mit absoluter Mehrheit zum argentinischen Staatspräsidenten gewählte Juan Domingo Perón am Abend des 24. Februar 1946 vom Balkon des Präsidentenpalastes in Buenos Aires.
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Damit war eine ebenso ehrgeizige wie charismatische Figur der argentinischen Politik in das höchste Staatsamt gelangt. Der aus bescheidenen Verhältnissen stammende Perón hatte es in einer langen Militärkarriere bis zum Obersten gebracht - aufgrund der erfolgreichen Niederschlagung sozialer Aufstände war er vom Leutnant direkt zum Oberst befördert worden - und war 1943 von der damals herrschenden Militärjunta zum Staatssekretär im Arbeitsministerium ernannt worden.
"Wilde Ehe" mit Eva Duarte
Seit er Anfang 1944 die Schauspielerin Eva Duarte kennen gelernt hatte, mit der er - wie es damals hieß - "in wilder Ehe" zusammen lebte, mehrten sich die kritischen Stimmen aus Kreisen der katholischen Kirche, der konservativen Oberschicht und des Militärs an seiner Lebensführung, so dass der Bewunderer Mussolinis und Hitlers Mitte 1945 aus allen Ämtern entlassen wurde. Seine damals schon sehr populäre Lebensgefährtin Eva organisierte eine regelrechte Massenbewegung gegen Peróns Entlassung, was schließlich zu seiner Kandidatur und zum glänzenden Wahlerfolg bei den Präsidentschaftswahlen vom 24. Februar 1946 führte.
Ein reiches Land
Kurz nach Ende des Zweiten Weltkrieges war Argentinien ein reiches Land. Die USA und die meisten europäischen Länder waren gegenüber Argentinien hoch verschuldet, weil sie große Mengen Fleisch und Getreide für ihre Soldaten auf Kredit am Rio de la Plata eingekauft hatten. Der neue Präsident konnte es sich leisten, seine Wahlversprechen an die Arbeiter und kleinen Angestellten zu erfüllen und ihre Löhne und Gehälter spürbar zu erhöhen.
Die katholische Kirche und die konservativen Kreise der Gesellschaft versöhnte er durch eine pompösen Hochzeit mit Eva Duarte, die fortan als "Evita" Perón eine wichtige Rolle in der argentinischen Innenpolitik spielen sollte. Die in der peronistischen Gewerkschaft organisierte Arbeiterschaft, das Militär und die katholische Kirche wurden die wichtigsten Stützen der Politik Peróns, die als "Peronismus" nicht nur in die Geschichte eingegangen ist, sondern bis heute eine - wenn auch zunehmend unrühmliche - Rolle in Argentinien spielt.
Version des Faschismus
Der argentinische Politologe und langjährige Richter am obersten Gerichtshof in Buenos Aires, Carlos Fayet, bietet gleich drei Definitionen des Peronismus an: "Erstens: Der Peronismus ist die politische Antwort auf die sozialen und politischen Bedingungen Argentiniens Mitte der 40er Jahre. Zweitens: Der Peronismus ist die argentinische Version des italienischen Faschismus. Und drittens: Der Peronismus ist schlicht und einfach Perón selbst." Die letzte Definition kommt der Wirklichkeit wohl am nächsten.
Perón, der ein glänzender Redner war, bewunderte nicht nur Mussolini und Hitler, sondern er machte wie diese das Radio zu seinem Propaganda-Medium. Seine um 25 Jahre jüngere Frau Evita sorgte dafür, dass der Peronismus vor allem auch eine starke weibliche Komponente bekam. So war es kein Wunder, dass Perón im November 1951 mit überwältigender Zweidrittel-Mehrheit für eine zweite Amtsperiode wiedergewählt wurde.
Doch als Evita knapp dreißigjährig Ende Juli 1952 an Leukämie stirbt, beginnt sein Stern allmählich zu sinken. Als er sich schließlich mit dem Vatikan anlegt, weil er die Scheidung in Argentinien einführen und den Einfluss der katholischen Kirche auf das Schul- und Bildungswesen zurück drängen will, wird er im September 1955 aus dem Amt geputscht, rettet sich in die Botschaft Paraguays und geht danach für 18 lange Jahre ins spanische Exil.
Sein Mythos aber lebt in weiten Kreisen des argentinischen Volkes weiter. Seine zahlreichen Anhänger sorgen dafür, dass Perón noch einmal zum Protagonisten der argentinischen Politik wird. Im April 1973 kehrt er mit folgenden Worten aus dem Exil zurück. Juan Domingo Perón stirbt am 1. Juli 1974 knapp 79-jährig an einer Grippe. Seine zweite Frau Isabel wird seine Amtsnachfolgerin, ist aber mit der Aufgabe überfordert. Im März 1976 beendet ein Militärputsch endgültig die Ära Perón.
Ausverkauf durch Menem
Seine späten Nachfolger, die sich auf ihn berufen, allen voran Carlos Menem, haben Argentinien stückweise veräußert, so dass das Land heute die höchste pro-Kopf- Verschuldung aller großen Drittweltstaaten aufweist. Aus dem Gläubigerstaat der vierziger Jahre ist längst ein hoch verschuldetes Land geworden, das auf die Gnade von IWF und Weltbank angewiesen ist.