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Die Griechen dürfen nicht pleitegehen, weil sonst angeblich der Euro untergeht. Und damit sie auch wirklich sparen, wird ihnen mit der Pleite gedroht - ein ziemlich schräger Plan.
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Der "Judgement Day" des Jüngsten Gerichtes samt anschließender Apokalypse, den ein populärer christlicher TV-Prediger in den USA für den 21. Mai vorherberechnet hatte, ist bekanntlich eher ereignislos verstrichen, keine Spur von Weltuntergang. Ein ganz anderer "Judgement Day" kommt freilich auf Europa zu: der 18. Juli, der Tag, an dem Griechenland pleite ist, wenn bis dahin nicht viel frisches Bares da ist.
Gleichsam zur Einstimmung auf dieses neue Griechen-Hilfswerk zur Abwendung des europäischen Jüngsten Gerichts hämmern Europas politische Eliten derzeit ihrer Bevölkerung eine einfache Botschaft ein, die in den Zahler-Ländern wie Österreich gerne gehört wird: Frisches Geld für Athen gibt es demnach nur, wenn die dortige Regierung sich penibel an die von den Gläubigern verordnete ökonomische Rosskur hält, sonst wird der Geldhahn zugedreht. "Wenn sich Griechenland nicht an die Bedingungen von EU und IWF hält, wird Athen die anstehenden Kredittranchen für die kommenden Monate nicht erhalten", argumentierte etwa EZB-Direktor Lorenzo Bini Smaghi jüngst in einem Interview mit dem "Standard".
Das klingt ja noch irgendwie vernünftig. Begründet wird diese neuerliche Hingabe von Steuergeld-Milliarden natürlich mit dem Fehlen von Alternativen. Smaghi: "Griechenland in die Pleite zu treiben hätte für die österreichischen Steuerzahler noch verheerendere Konsequenzen (als ein neues Rettungspaket, Anm.)."
An diesem Punkt der Argumentation stutzt der Betrachter freilich und fürchtet um den Inhalt seiner Geldbörse. Denn auf der einen Seite erklärt uns der EZB-Direktor stellvertretend für einen großen Teil der politischen Eliten Europas, dass eine Staatspleite Griechenlands um nahezu jeden Preis zu vermeiden ist, weil ihre Folgen ganz Europa in den Abgrund stürzen könnten. Auf der anderen Seite hingegen wird uns erklärt, Griechenland würde unter der latenten Drohung, ansonsten eben jener Staatspleite überantwortet zu werden, schon die Notwendigen Sparmaßnahmen durchführen.
Hm. Das klingt irgendwie nicht nach einem besonders durchdachten Plan. Denn die Geldgeber kommunizieren den Griechen damit klar: "Liebe Schuldner, bitte spart eisern, wenn ihr neue Kredite wollt. Wenn ihr das nicht befolgt, sprengen wir Gläubiger uns selbst in die Luft." Die Drohung ist ganz offenkundig nur zur Beruhigung der Steuerzahler in den Geberländern gedacht.
Nicht zum ersten Mal im Verlauf der Finanzkrise soll der Wähler über die tatsächlichen Sachverhalte im Unklaren gelassen werden. In der Praxis werden deshalb die Milliardenströme weiter gen Süden fließen. Denn alles andere, so haben wir gelernt, "... hätte für die österreichischen Steuerzahler noch verheerendere Konsequenzen". Und das wollen wir ja tunlichst vermeiden.
Es wird ganz interessant zu beobachten sein, wie lange die Steuerzahler in den Gebernationen dieser Logik zu folgen vermögen. FDP-Politiker Rainer Brüderle fürchtet bereits das Entstehen einer "Partei der Wahren Deutschen". Überraschend wäre das nicht.