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Mangelndes Wissen zu Politik und Finanz macht eine Änderung des Lehrplans längst überfällig.
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Schon seit langer Zeit herrscht bei den Jugendlichen ein dramatisches Defizit an Wissen in den Bereichen Wirtschaft, Politik und Finanzbildung. Es ist paradox, wenn man sich vorstellt, dass österreichische Schülerinnen und Schüler Savannenarten kennen müssen, jedoch für viele Begriffe wie KESt, Zinseszins oder Fonds, die man im täglichen Leben braucht, Fremdwörter sind. Praktika sollen absolviert werden, doch wie hinterher die Steuererklärung gemacht werden soll, wissen die wenigsten. "Was ist überhaupt eine Steuererklärung, und wofür mache ich die?", werden sich jetzt viele zukünftige Erwachsene fragen.
Viele junge Unternehmerinnen und Unternehmer, die nach der Ausbildung den Schritt in die Selbständigkeit wagen, müssen nach kürzester Zeit Privatkonkurs beantragen oder verschulden sich beim Versuch der Selbstverwirklichung, was an fehlendem Wissen über den Umgang mit Geld liegt. Dies könnte vermieden werden, wenn das Grundproblem behoben würde: Es entsteht der Eindruck, dass ein wesentlicher Teil der Bevölkerung nicht in der Lage ist, die Finanzen und das Budget richtig einzuschätzen. Dadurch ist es ein Leichtes für Firmen, uns mit ausgeklügelten Werbungen, die uns Unwahrheiten vorgaukeln, zu ködern. Das ist nicht nötig.
Darüber hinaus wird jetzt mein Umfeld bald 16 Jahre alt, das heißt, dass es bei der nächsten Wahl mitstimmen darf. Aber für wen? Wir haben in der Schule noch nie konkret von Parteien und deren Programmen gehört, aber es wird von uns verlangt, das Wahlrecht in Anspruch zu nehmen, ohne überhaupt zu wissen, was oder wen wir da wählen. Leider ist dies ein landesweites Problem, das viele Schülerinnen und Schüler aus verschiedenen Bundesländern und Schulen kennen. Einige Lehrkräfte wären motiviert, politische Bildung stärker in den Unterricht zu integrieren, jedoch fehlt hierzu die Priorisierung im Lehrplan. Insbesondere die Tagespolitik sollte in der Schule eine zentrale Rolle spielen.
Trotz Corona darf man die Probleme, die es schon vorher gab, nicht aus dem Blick verlieren, denn wenn es um uns Jugendliche geht, gilt es keine Zeit zu verlieren, denn wir sind jene Generation, die für die Zukunft Verantwortung trägt. Alle Erwachsenen sollten dafür Sorge tragen, uns zu kritischen, gebildeten Jugendlichen zu erziehen, die in der Lage sind, Dinge zu hinterfragen und sich ihre eigene Meinung zu bilden, denn darauf beruht das System der Demokratie.
Aus all diesen Gründen ist es überaus wichtig, sofort Wirtschaft, politische Bildung und Finanzbildung intensiver in den Lehrplan zu integrieren beziehungsweise eigenständige Unterrichtsgegenstände daraus zu machen. Schenken wir der Gegenwart ebenso viel Aufmerksamkeit wie dem "Nibelungenlied" oder Goethes "Faust" und konzentrieren wir uns miteinander auf die Zukunft. Damit wäre schon ein großer Schritt getan.